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„Freihandel braucht Grenzen, wenn er sich gegen Mensch und Natur richtet“

Im Gespräch mit oekoreich kritisiert Fritz Floimayr von Gourmetfein die teils exorbitanten Preissteigerungen durch internationale Nahrungsmittel-Konzerne und wehrt sich gegen das umstrittene Mercosur-Handelsabkommen.

6/21/2023
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„Freihandel braucht Grenzen, wenn er sich gegen Mensch und Natur richtet“
WWF Brasil / Araquém Alcantara

Fritz Floimayr hat als Gründer der Firma Gourmetfein aus Überzeugung das erfolgreiche Tierschutzvolksbegehren maßgeblich unterstützt, aktuell kämpft er für mehr Transparenz bei Lebensmitteln. Im Gespräch mit oekoreich kritisiert er die teils exorbitanten Preissteigerungen durch internationale Nahrungsmittel-Konzerne und wehrt sich gegen das umstrittene Mercosur-Handelsabkommen.

oekoreich: Herr Floimayr, Sie waren ein wichtiger Unterstützer des österreichischen Tierschutzvolksbegehrens, das 2021 erfolgreich zu Ende gegangen ist. Hat es sich gelohnt?

Der Einsatz für das Richtige lohnt sich immer, auch wenn man die Resultate vielleicht nicht sofort sieht. Wir haben uns damals entschieden das Volksbegehren zu unterstützen, weil wir davon überzeugt waren, dass es mehr Transparenz bei Lebensmitteln braucht. Es kann nicht sein, dass die Menschen bei der Herkunft ihres Essens im Dunkeln gelassen werden. Da wurde mittlerweile einiges auf den Weg gebracht, etwa in der Gemeinschaftsverpflegung.

Es ist auch das Bewusstsein bei den Menschen gestiegen, die Konsumenten fragen jetzt mehr nach. Aber natürlich reicht das noch nicht, denn ich bin der Meinung, dass wir auch ein Recht haben zu erfahren, woher das verarbeitete Fleischprodukt im Supermarkt oder das Schnitzel im Restaurant stammt. Da liegt noch einiges vor uns und ich werde mich auch weiterhin starkmachen für mehr Transparenz, auch wenn das manchen nicht schmeckt.

oekoreich: Spüren Sie Unzufriedenheit in der Branche?

Es ist doch kein Geheimnis, dass manche von und mit der Intransparenz gut leben. Ich finde es unanständig, wenn man sich in der Öffentlichkeit als großer Freund der heimischen Landwirtschaft inszeniert, dann aber die Schweine lebendig zum Schlachten aus dem Ausland herbeikarrt und die Konsumenten darüber nicht mal informiert. Natürlich gefällt das manchen nicht, wenn man ihnen den Spiegel vorhält. Aber das müssen sie aushalten.

Grundsätzlich erlebe ich aber, dass auch im Handel ein Umdenken stattfindet. Immer mehr Betriebe fragen gezielt nach unseren Produkten, weil wir nach wie vor die einzigen sind, die 100 Prozent österreichisches Fleisch verwenden und das sogar eidesstattlich garantieren. Wir legen die gesamte Lieferkette offen, bis hin zum Bauernhof, auf dem die Tiere aufwachsen. Diese radikale Offenheit praktiziert sonst keiner und das hat wohl auch einen Grund.

oekoreich: Sie gelten auch als Kritiker des Mercosur-Abkommens. Was stört einen Unternehmer, der seine Waren auch nach Deutschland exportiert, am Freihandel?

Ich bin kein Gegner des Freihandels, aber ich habe ein Problem damit, wenn er sich gegen uns Menschen und die Natur richtet. Genau das passiert mit dem Mercosur-Pakt, denn damit wird die Abholzung der Regenwälder in Brasilien, der Anbau von genmanipuliertem Soja-Kraftfutter und der Einsatz von hochgiftigen Pestiziden angekurbelt. All das landet dann auf den Tellern der Menschen in Österreich, vermutlich auch noch zum Spottpreis.

Und wozu das alles? Damit manche Konzerne noch mehr Profit schreiben können? Das lehne ich entschieden ab. Eines muss uns klar sein: Lebensmittel und die dafür verwendeten Rohstoffe können nur so billig sein, wenn sie irgendwo auf Kosten von Menschen, Tieren, Klima und Umwelt produziert werden. Hier findet eine unglaubliche Verzerrung statt und die dürfen wir doch nicht auch noch durch den Abbau von Zöllen unterstützen!

oekoreich: Die Teuerungswelle ist aber gerade auch bei Lebensmittel aktuell stark spürbar, ist es da nicht ein Gebot der Stunde günstige Nahrung bereitzustellen?

Besser muss nicht zwingend teurer bedeuten. Schauen wir uns als Beispiel dafür eine Leberkässemmel an. Bei uns kommt das Fleisch dafür garantiert aus Österreich, wird garantiert ohne Glyphosat und Gentechnik erzeugt, stammt garantiert von kleinbäuerlichen Betrieben. Die Mehrkosten dafür betragen im Schnitt vielleicht 20 Cent pro Semmel im Vergleich zur Vergleichsprodukten, wo Massentierhaltung, Tierleid und Pestizide drinstecken.

Ich glaube nicht, dass diese Mehrkosten das Problem sind. Die wahren Teuerungsprofiteure sind doch die multinationalen Nahrungsmittel-Konzerne. Die lassen ihre Produkte zum Dumpingtarif irgendwo herstellen und machen sie jetzt um 100 oder 200 Prozent teurer, nur weil sie es können, nicht weil es wirklich notwendig wäre. Und hier müsste meiner Meinung nach auch die Regierung ansetzen, indem sie den Wucher sanktioniert.

oekoreich: Sie kritisieren also auch die globalisierte Nahrungsmittel-Produktion?

Selbstverständlich! Wieso müssen wir Schweinefleisch aus Spanien importieren? Wieso müssen Milchprodukte aus Norddeutschland bei uns im Regal liegen? Wir haben genug davon selbst und noch dazu in bester Qualität. Einerseits müssen wir den Konsumenten verständlich machen, wieso es so wichtig ist, dass sie bei Lebensmitteln auf die Herkunft achten. Daran hängt so viel, das manchen wohl gar nicht bewusst ist.

Aber wir sollten auch hinterfragen, wieso die Produktion von Lebensmitteln bei uns so viel teurer ist als anderswo. Wenn die Politik möchte, dass mittelständische Produzenten und regionale Nahversorger eine Chance gegen die multinationalen Konzerne haben, dann müssen sie auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Es bräuchte eine Vollkosten-Rechnung, die all die Zerstörung einpreist, die global in den Lieferketten anfällt.

oekoreich: Was würde sich dadurch ändern?

Dann wäre das Schweinefleisch aus Oberösterreich, das frei von Gentechnik und Glyphosat in ehrlicher, kleinbäuerlicher Arbeit erzeugt wurde, das günstigste Produkt im Regal. Und das Import-Fleisch aus dem Ausland, mit tausenden Kilometern am Rücken, hergestellt von armen Tieren aus gigantischen Fabriken und mit einem katastrophalen Öko-Fußabdruck, wäre dann kaum leistbar. Dann würde die Welt ganz anders aussehen.

Ich halte es auch nicht für unrealistisch, dass wir das eines Tages noch erleben werden – vielleicht aber erst meine Enkelkinder. Und bis dahin müssen wir eben im Rahmen unserer Möglichkeiten unseren Beitrag leisten. Ich habe schon viel erlebt im Leben und daraus habe ich gelernt, dass auch sehr große Veränderungen mit kleinen Schritten beginnen. Unser Beitrag heißt maximale Transparenz, Regionalität und Glaubwürdigkeit.


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