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Faule Pracht: Die katastrophalen Folgen der Blumenfabriken

Der Blumenhandel boomt rund um Valentin - doch woher kommen diese und wie werden sie angebaut? Wir haben recherchiert und zeigen die faulen Wurzeln.

2/14/2022
  • Klima
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Faule Pracht: Die katastrophalen Folgen der Blumenfabriken

Frühlingszeit ist Blumenzeit, in der Werbung beginnt das schon Anfang Februar. Besonders am 14. Februar, dem Valentinstag, brummt das Blumengeschäft. Beliebte Schnittblumen wie Rosen oder Tulpen sind nicht nur bei Floristen, sondern auch in den großen Supermarktketten erhältlich und erfreuen die Konsumenten. Doch was steckt hinter der bunten Blütenpracht? Woher kommen die Schnittblumen? Warum sind sie heuer so teuer? Und wie nachhaltig ist die verschenkte Valentinsrose? Hier die Hintergründe.

Blumen als beliebtes Geschenk

Blumen haben einen positiven Effekt auf unsere Stimmung. Was viele sofort bejahen würden und auch sichtbar wird, wenn man seine Lieben mit einem Blumenstrauß überrascht, konnte auch die Wissenschaft nun nachweisen. Eine Studie am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim zeigte 2019, wie Blumen die Psyche beruhigen. Kein Wunder also, dass Verbraucher in Österreich gerne Geld für Blumen & Co. ausgeben.

Haushalte bezahlen im Jahr durchschnittlich rund 215 Euro für Schnittblumen, Zimmer- und Balkonpflanzen. In Deutschland sind es ganze 10 Milliarden Euro pro Jahr, die in diesem Bereich umgesetzt werden. Stehen Feierlichkeiten an, wie der Valentinstag oder Muttertag, klingeln die Kassen. 2020 berechnete der Handelsverband, dass Konsumenten im Schnitt 72 Euro für Valentinsgeschenke ausgeben. Tendenz steigend.

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Zum Valentinstag boomt das Blumengeschäft
Blumen und Pflanzen sind dabei mit 55 Prozent besonders beliebte Aufmerksamkeiten zum Valentinstag. Obwohl Verbraucher in Umfragen immer wieder angeben, dass ihnen die Umwelt und soziale Aspekte auch in der Blumenproduktion wichtig sind, hinterfragen nur wenige wirklich die Produktionsbedingungen. Oftmals landet einfach der billigere Tulpen- oder Rosenstrauß im Einkaufswagen.

Preise für Blumen stark gestiegen

Von günstigen Preisen bei Blumen kann man zumindest heuer rund um den Valentinstag nicht sprechen. Denn die bunte Blütenpracht ist in diesem Jahr vor allem aufgrund der hohen Energiepreise deutlich kostspieliger – rund 27 Prozent teurer als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Warum? Holland, Europas größter Blumenexporteur mit einem Ausfuhrvolumen von Blumen und Pflanzen für rund 12 Milliarden Euro im Jahr 2021, hebt die Preise stark an.

Viele holländischen Blumenzüchter wollen bei den Energieausgaben sparen. So senken sie beispielsweise die Temperatur in den Gewächshäusern oder fahren sie gänzlich hinunter. Dadurch produzieren sie aber weniger Blumen, oder diese wachsen nicht so groß wie gewohnt. Die Nachfrage bleibt jedoch auf einem stabilen Niveau hoch. Dadurch ergibt sich der Preisanstieg. Holland ist und bleibt Drehkreuz des Blumenhandels in Europa, und zwar nicht nur für das Wahrzeichen des Landes – die Tulpe – sondern auch für Rosen.

Kenias Rosen: Katastrophale Folgen der Blumenfabriken

Holland importiert pro Tag durchschnittlich neun Millionen Rosen und versendet diese anschließend weiter. Der Großteil davon, rund 77 Prozent, stammen aus Afrika und Südamerika. Kenia und Äthiopien sind dabei die wichtigsten Erzeuger, aber auch Ecuador spielt in der Blumenzucht mittlerweile eine wichtige Rolle. Kenia gilt weiterhin als größter Blumenlieferant, aufgrund der niedrigen Löhne und des günstigen Klimas.
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Die Blumenfabriken in Afrika sind Umweltkiller
Viele der Blumenfarmen in Kenia finden sich nahe der Hauptstadt Nairobi. Gärtnereibetriebe haben sich vor allem rund um den Naivasha See angesiedelt, 70 Prozent der landesweiten Blumenproduktion findet dort statt. Rosen aus den dortigen Gewächshäusern sind Hochleistungsblumen. In einem einzelnen Gewächshaus wachsen rund drei Millionen Stück heran, die innerhalb weniger Wochen pflückreif sind.

Rosenkrankheiten und -Schädlinge wie etwa Sternrußtau, Echter Mehltau und Co., stellen ein großes Kostenrisiko für die Gärtnereibetriebe dar. Dementsprechend hoch ist der Einsatz von Pestiziden und Düngern in diesen Blumenfabriken. Diese gelangen direkt oder indirekt in den angrenzenden  See und auch in das Grundwasser und stellen dadurch eine Gefahr für Menschen, Tiere und Umwelt dar.

Riesiger Wasserverbrauch

Besorgniserregend ist auch der hohe Wasserverbrauch für die Blumenproduktion. Schnittblumen aus Ostafrika benötigen, abhängig von Sorte und Größe, circa 7 bis 13 Liter Wasser. Allein jede einzelne Rose verbraucht pro Tag (!) ungefähr 1,5 Liter Wasser. Das hat einen dramatischen Rückgang des Naivasha Sees zur Folge, dessen Wasserspiegel in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist.

Investitionen in Bewässerungstechnologien sollen zu einem sorgsameren Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser führen und zeigen bereits erste Erfolge, wie Wissenschaftler der Universität Bonn/Deutschland bestätigen.

Auch die Arbeitsbedingungen haben sich zumindest in Kenia ein wenig verbessert. Dazu tragen auch Gütesiegel wie z.B. Fair Trade bei, die geregelte Arbeitsbedingungen und verbesserten Gesundheitsschutz für die Arbeiter auf den Blumenfarmen garantieren. Verbesserte Auflagen und Sozialstandards in Kenia haben aber auch zur Folge, dass einige Erzeuger ihre Produktion nach Äthiopien verlegen. Dort erhalten Rosenpflücker oft weniger Lohn als die Arbeiter in Kenia.
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Mehr Blumen, weniger Wasser - eine der Schattenseiten des Booms
Umweltauswirkungen: Überraschende Bewertung ostafrikanischer Rosen

Ein hoher Pestizid- und Wasserbrauch, zusätzlich kilometerlange Transportwege, lassen für ostafrikanische Rosen ein düsteres Bild in Punkto Umweltverträglichkeit vermuten. Eine Studie der Max-Havelaar-Stiftung (Zürich/Schweiz) aus dem Jahr 2018 beurteilte die Umweltauswirkungen für ostafrikanische Blumen unter bestimmten Bedingungen jedoch als überraschend positiv.

Unter Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Produktion im Herkunftsland, der Verpackung sowie des Transportweges von Afrika nach Europa wurden fair gehandelte Rosen aus Kenia, gezüchtete Rosen aus Holland und konventionelle Rosen aus Ecuador miteinander verglichen. Das verblüffende Ergebnis: trotz schlechtem Wasserfußabdruck und langem Transportweg haben fair gehandelte Rosen aus Ostafrika eine geringere Umweltauswirkung.

Entscheidend sind die CO2-Emissionen, die durch das Beheizen der Gewächshäuser in Holland verursacht werden und so die Umweltbilanz der dort produzierten Rosen schlechter abschneiden lässt. Würden holländische Rosenzüchter jedoch stärker in erneuerbare Energiequellen für die Treibhausheizung investieren, wäre die Produktion in Europa ökologisch besser als jene in Afrika.

Slowflower-Bewegung: Regionale Schnittblumen

Ein langer Transportweg bzw. hoher Energieaufwand, Pestizid- und Wasserverbrauch sowie Arbeitsausbeutung rücken den globalen Blumenmarkt und seine intransparenten Strukturen in ein düsteres Licht. Doch immer mehr werden im Handel auch regionale Schnittblumen angeboten. Dahinter steckt in vielen Fällen die Slowflower-Bewegung, die sich für saisonale regionale und nachhaltige Schnittblumen einsetzt.

Ihr gehören Floristen und Gärtnereibetriebe aus Österreich, Deutschland und der Schweiz an. In ihrem Sinn ein Tipp an Konsumenten: im Blumenfachgeschäft nach biologischer, fairer oder regionaler Ware fragen. Dann hat man an der bunten Blütenpracht umso mehr Freude.


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