Es war ein Auftritt, der wohl vielen Menschen noch lange im Gedächtnis bleiben wird – und zwar nicht, weil er so erhellend gewesen wäre, sondern weil einem beim Zuhören die Schamesröte ins Gesicht steigt. Der Sprecher des „Handelsverbands“, einer freiwilligen Vereinigung von Handelsunternehmen, erklärte im Interview mit der ZIB2, dass die Marktmechanismen nach wie vor funktionieren würden.
Ein Befund, den wohl viele angesichts einer Verdopplung der Preise in den Supermärkten nicht teilen würden. Wörtlich sagte der Sprecher der Handelskonzerne: „Der Wettbewerb ist perfekt“. Er reagierte damit auf die Frage, ob die extreme Konzentration der Marktmacht in Österreich, wo nur 4 Lebensmittelkonzerne über 95 Prozent des Angebots bestimmen würden, nicht zu einem mangelnden Wettbewerb führen würde.
„Lebensmittelgipfel“ entpuppt sich als Bauchfleck
Der groß angekündigte „Lebensmittelgipfel“ der Bundesregierung mit den Handelskonzernen hat erwartungsgemäß ohne Ergebnis geendet. Ganz im Gegenteil wurde er zur Bühne der Inszenierung des Handels.
„Sie konnten ihre Umsätze ausbauen, können auf satte Gewinne blicken aber weigern sich jetzt den Menschen zu helfen. Wir fordern die Regierung auf sich nicht länger auf der Nase herumtanzen zu lassen und die Konzerne in ihre Schranken zu weisen. Das Oligopol im Handel hat sich lange genug ungehindert auf Kosten der Konsumenten bereichert, es wird Zeit, dass sie etwas zurückgeben. Wir fordern einen Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel und eine Streichung der Umsatzsteuer auf Obst & Gemüse. Das wäre tatsächlich eine sofortige Hilfe für die Bevölkerung“, so Veronika Bohrn Mena, Vorsitzende der Stiftung COMÚN.
Transparenz und Wettbewerbsbehörde gehören gestärkt
Erst vor kurzem hatte der erste Bericht des Fairnessbüros gezeigt, mit welch skrupellosen Methoden die Handelskonzerne gegenüber ihren Lieferanten agieren. Ein „System der Angst“ wurde dabei von der unabhängigen, staatlichen Stelle aufgedeckt. Nirgends ist die Konzentration der Marktmacht von Lebensmittelhändlern so groß wie in Österreich, 4 Konzerne beherrschen 95 Prozent des Angebots. Die Preise für Lebensmittel in Österreich sind deutlich höher als etwa in Deutschland, obwohl viel Ware in den Regalen importiert wird. Die aktuelle Causa zeigt mal wieder: Freiwilligkeit funktioniert bei Konzernen nicht.
Die enorme Marktdominanz der 4 Lebensmittelhändler muss nach Ansicht der Stiftung COMÚN aufgebrochen werden. Dazu gehört deutlich mehr Transparenz in die gesamte Lieferkette, aber auch eine Stärkung der Wettbewerbsbehörde. Künftig sollen Handelskonzerne nicht nur für Verbrechen in ihrer Lieferkette haften müssen, sondern sich auch gegenüber Konsumenten für irreführende Werbung, Greenwashing und Preistreiberei verantworten müssen. Bislang fehlt die Handhabe gegen die offensichtlichen Machenschaften der Lebensmittelhändler, nun ist die Regierung gefordert diese zu schaffen.
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