Mangelnden Einfallsreichtum kann man den mächtigen Lebensmittel-Handelskonzernen wohl wirklich nicht unterstellen. Immer wieder lassen sie sich neue Tricks einfallen, um Produkte, die sonst niemand kaufen würde, so anzupreisen, dass doch manche hingreifen. Am besten sieht man das wohl beim Thema Fleisch und der Frage der Herkunft. Den meisten Menschen in Österreich ist wichtig, dass das gekaufte Fleisch aus Österreich stammt.
Das hat verschiedenste Gründe, manche wollen die heimische Landwirtschaft absichern, anderen ist der in vielen Bereichen bei uns deutlich höhere Umwelt- und Tierschutzstandards ein Anliegen. Und nicht zuletzt stärkt man damit immerhin die Wirtschaft und die Ernährungssouveränität, gerade in Zeiten brüchiger Lieferketten auch keine schlechte Idee. Warum auch immer, die Nachfrage nach garantiert österreichischem Fleisch ist groß.
Ein gefährlicher Tabubruch
Das wissen auch die Supermarkt-Ketten und daher setzen sie in ihrer Werbung gerne auf Fotos von den Alpen und verwenden die Österreich-Fahne geradezu inflationär. Auch die Diskonter sind inzwischen dazu übergegangen den Patriotismus beim Essen für sich zu nutzen – und doch sind sie offenbar nicht bereit tatsächlich heimische Ware ins Regal zu legen. Also greifen sie zu Tricks, die viele wohl als „Etiketten-Schwindel“ bezeichnen würden, auch wenn es (noch) rechtlich gedeckt, was die Konzerne da abziehen.
Ein aktuelles Beispiel dafür liefert der zum BILLA-REWE-Konzern gehörende Diskonter PENNY. Und zwar gleich in mehrerer Hinsicht. Denn in einem gedruckten Prospekt, der vor kurzem in Österreich im Umlauf war, waren einige besondere Angebote zu sehen. Da wäre zunächst der Schweinslungenbraten. Der stammt aus Deutschland und stellt damit einen gefährlichen Tabubruch dar, denn im österreichischen Lebensmittelhandel gilt es mittlerweile als gute Praxis, dass zumindest kein Frischfleisch aus dem Ausland ins Regal gelegt wird.
Lokalaugenschein zeigt wahre Herkunft
Tiefkühlware und verarbeitete Produkte sind teilweise sogar überwiegend Importware, doch beim Frischfleisch haben sich die Konzerne bislang zurückgehalten. Das gilt offenbar nicht für den REWE-Konzern und seinen Diskonter PENNY, der – wie vor einiger Zeit bei Eiern – nun scheinbar einen Testballon startet, ob es jemandem auffällt. Nun, es ist aufgefallen. Und es verärgert nicht nur Landwirte aus Österreich, sondern auch Konsumenten.
Bei einem Lokalaugenschein in einer PENNY-Filiale in der Steiermark ist das Angebot aus dem Werbeheft auch in der Kühltruhe gefunden worden, dort kann man die wahre Herkunft auf dem Etikett nachlesen. Und die ist einigermaßen überraschend, denn kein geringerer als der deutsche Tönnies-Konzern beliefert PENNY mit dem Schweinefleisch. Ausgerechnet der Skandalfleischer Tönnies, der wegen seiner katastrophalen Bedingungen in Schlachthäusern sowie vielen anderen Skandalen zurecht in Ungnade gefallen ist.
Wertschätzung sieht anders aus
Wieso lässt man sich in Österreich ausgerechnet von so einem Betrieb beliefern? Das hätten wir gerne von PENNY gewusst, doch der REWE-Konzern insgesamt – also auch BILLA & Co – beantwortet seit einiger Zeit unsere Anfragen nicht mehr. Vielleicht sind sie verstimmt, seit sie eine Unterlassungserklärung gegen oekoreich unterschreiben mussten? Aus welchen Gründen auch immer, Wertschätzung gegenüber Konsumenten sieht anders aus.
Doch nicht nur der Tönnies-Importfleisch findet sich bei PENNY im Kühlregal, in der Werbung werden auch Fleischprodukte mit Österreich-Fahne geworben, wo überhaupt nicht Österreich drinsteckt. So sind in dem Prospekt zwei Produkte von Radatz beworben. Eigentlich ein österreichisches Traditionsunternehmen, das stark auf heimische Ware setzt. Doch nicht in diesen Fällen, wie eine oekoreich-Rückfrage bestätigt.
Doch nicht „aus Österreich“?
Denn wir wollten wissen, wieso einige Produkte im Flugblatt mit dem Schriftzug „aus Österreich“ und der Fahne beworben werden, andere jedoch mit dem Vermerk „Hergestellt in Österreich“. Ist das ein Unterschied? Offenbar. Denn auf Rückfrage teilt uns Radatz mit, dass die beiden aktuell beworbenen Produkte „Radatz Partyzwerge“ und „Radatz Selchroller“, scheinbar eben nicht mit Fleisch aus Österreich erzeugt wurden. Sonst würde auch das AMA-Siegel draufstehen.
Radatz lässt uns in einer Stellungnahme wissen: „Leider ist es aber für die gesamte Produktion derzeit bei Schweinefleisch nicht konstant zu 100% möglich, nur in Österreich zu beziehen, wobei der Grund dafür in der mangelnden Verfügbarkeit, der für einige Produkte erforderlichen Qualitäten, liegt. So kommt das verwendete Schweinefleisch im Jahresschnitt zu 80% aus Österreich. Der Rest wird aus renommierten Schlachthöfen aus der EU bezogen.“
Verfügbarkeit ist kein Problem
Da kann man nur hoffen, dass mit „renommierte Schlachthöfe“ nicht der Tönnies-Konzern gemeint ist, der ja nachweislich auch PENNY beliefert. Doch wieso muss überhaupt deutsches oder polnisches oder italienisches Fleisch bei uns im Regal liegen? Haben wir davon wirklich zu wenig in Österreich, obwohl die Versorgungsbilanzen kontinuierlich seit Jahren einen Deckungsgrad von über 100 Prozent ausweisen? Wir haben nachgefragt.
Wir wollten vom Verband der österreichischen Schweinebauern, der einen Überblick über die Verfügbarkeit von Fleisch hat, wissen, ob es vielleicht an Engpässen bei Schweinefleisch liegen kann, dass die Konzerne zur Importware greifen. Der Geschäftsführer antwortet uns: „Die Verfügbarkeit von Schweinefleisch ist in Österreich aus unserer Sicht kein Problem. Ich denke, der Grund für das Angebot ist eher der günstigere Einkaufspreis von Importware.“
Lebendig importierte Schweine?
Der PENNY-Fall scheint bislang auch eine Ausnahme zu sein, denn „beim Schweine-Frischfleisch findet man in den meisten Supermärkten ausschließlich österreichische Ware“, so der Verband der Schweinebauern. Das bestätigt uns in der Annahme, dass hier offenbar eine Art Testballon durch den Konzern stattgefunden hat. Und auch der Fall mit den unterschiedlichen Werbesprüchen bei den Österreich-Fahnen scheint nun zumindest aufgeklärt zu sein.
Denn Radatz produziert zwar ausschließlich in Österreich, genauer gesagt im Werk in Wien, aber eben nicht ausschließlich österreichische Ware. Es kann also durchaus sein, dass in der PENNY-Aktionsware von Radatz das Schwein aus Deutschland verarbeitet wurde, das zuvor lebendig mit dem Transporter über tausende Kilometer zu uns gebracht wurde. Eine Schande, angesichts dessen, dass laut Schweinebauern mehr als genug davon in Österreich leben.
In eigener Sache: Wir arbeiten unabhängig von Parteien und Konzernen. Um unseren Fortbestand zu sichern, sind wir auf Abonnent*innen angewiesen. Bitte schließen Sie jetzt ein Abo ab und ermöglichen Sie damit unsere Berichterstattung. Danke!