Dass die weltweit boomende Fast Fashion-Industrie für die Ausbeutung von Arbeiter*innen in Ländern des globalen Südens und sogar in Teilen von Europa verantwortlich ist, das haben bereits mehrere Reportagen gezeigt. Kinderarbeit zählt ebenso zum traurigen Alltag wie Formen der modernen Sklaverei und unsichere Arbeitsbedingungen in abbruchreifen Hallen.
Auch die katastrophalen Folgen der Erzeugung der Billigst-Textilien für die Natur in den Produktionsländern, wurden bereits mehrfach dokumentiert. Dazu zählt etwa die Verschmutzung von Flüssen und Böden durch Lacke und Färbemittel und die Vernichtung der natürlichen Lebensräume einer Vielzahl von geschützten Tierarten.
Ultra Fast Fashion-Prototyp SHEIN
Wie dramatisch allerdings auch die unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesundheit jener Menschen sind, die diese Kleidung tragen, wurde bislang noch nicht hinreichend beleuchtet. Damit wird ein weiterer negativer Aspekt des Trends zur Wegwerf-Mode in den Fokus genommen und die Frage nach einer gesetzlichen Regulierung immer drängender.
Am Beispiel des chinesischen Modehändlers SHEIN, einem milliardenschweren Konzern, der prototypisch für das Phänomen der „Ultra Fast Fashion“ steht, wurden zahlreiche Produkte bestellt und anschließend ins Labor geschickt. Genau 47 Stück hat man in ganz Europa online oder in Pop-Up-Stores eingekauft und danach auf die Bestandteile hin untersuchen lassen.
Erschreckende Labor-Ergebnisse
Die Ergebnisse sind in mehrfacher Hinsicht überraschend und erschreckend. Denn ganze 96 Prozent der untersuchten Waren enthielten zumindest eine gefährliche Chemikalie. Bei über 30 Prozent sind sogar „gefährliche Chemikalien in besorgniserregenden Mengen“ enthalten, schreiben die Experten von Greenpeace in ihrem Untersuchungsbericht.
Auch die Überschreitung von Grenzwerten nach EU-Recht wurden dabei mehrfach überschritten, wie die Laboranalyse zeigt: „Die gefundenen Schwermetalle, Beschichtungen sowie Weichmacher können bei Konsument:innen Hautirritationen, allergische Reaktionen und in hoher Konzentration sogar Leberkrankheiten oder Hormonstörungen auslösen“.
Initiative fordert EU-Importverbot
Wo die bei SHEIN verkauften Textilien wirklich hergestellt werden und unter welchen Bedingungen, das legt der Konzern nicht offen. Generell gibt sich der chinesische Modehändler zugeknöpft und von Kritik unbeeindruckt. Auch deswegen fordern Expert*innen eine gesetzliche Reglementierung am Ort des Verkaufes.
So spricht sich etwa die österreichische Initiative für ein Lieferkettengesetz, die von der Gemeinwohlstiftung COMÚN getragen wird, für ein EU-weites Importverbot für solche Waren aus, die unter Verletzung von Menschenrechten oder Umweltstandards erzeugt wurden. Nur die Einfuhr der Waren könne ihre Verbreitung effektiv verhindern.
Konzerne wie SHEIN setzen nach Ansicht von Experten auf irreführende Werbung und setzen dabei auch manipulative Techniken ein, die insbesondere ein junges Publikum zum Kauf von Kleidung animieren soll, die sich letztlich weder benötigen noch tragen. So werden viele Textilien ungetragen wieder weggeworfen oder in der Altkleidersammlung deponiert.
Plastik mit Chemikalien: Nicht recyclebar
Dazu kommt, dass Textilien, wie jene die bei SHEIN verkauft werden, die hauptsächlich aus Polyester bestehen und mit Chemikalien belastet sind, auch nicht für Recycling nutzbar sind. Sie sind in Wahrheit als Restmüll zu bezeichnen, landen aber viel zu oft auf Deponien in Afrika oder werden auch in der Atacama-Wüste in Chile abgelagert.
Der einzige Beitrag, den man als Konsument*in in Europa leisten kann, ist diese Konzerne zu boykottieren. Als Bürger*in hingegen kann man sich an Unterschriftenaktionen beteiligen und Initiativen wie jene für ein Lieferkettengesetz unterstützen, auf dass nationale und europäische Gesetzgeber endlich zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt handeln.
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