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Meinung

AMA-„Gütesiegel“: Entweder Totalreform oder Abschaffung

Ein Gütesiegel sollte eigentlich für Qualität stehen - beim AMA-Gütesiegel im Bereich Schwein ist das nicht der Fall. Es braucht eine Totalreform.

7/4/2022
  • Tiere
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AMA-„Gütesiegel“: Entweder Totalreform oder Abschaffung

Mit einem Gütesiegel sollten Produkte gekennzeichnet werden, die über eine besondere Güte verfügen – es soll damit gegenüber den Konsument*innen also eine gewisse Qualität garantiert werden. Soweit die Theorie. In der Praxis sind die meisten Labels auf Lebensmitteln leider eher bedeutungslos, weil sie entweder viel versprechen aber nicht unabhängig kontrolliert werden oder weil sich gar keine „Güte“ hinter dem Siegel verbirgt.

Zweiteres trifft wohl unzweifelhaft auf das österreichische AMA-Gütesiegel zu, zumindest im Bereich des Schweinefleisches. Denn wer sich die Kriterien zur Erlangung des AMA-Gütesiegels in diesem Bereich näher ansieht wird erkennen, dass es letztlich eine reine Herkunftskennzeichnung ist. Wo das AMA-Zeichen drauf ist, muss jedenfalls garantiert auch Österreich drin sein. Das klingt grundsätzlich gut. Und steht zumindest am Papier.

Keine Güte im „Gütesiegel“

Wenn sich aber, wie im Bereich der Schweinefleisch-Produktion, der österreichische Standard nicht vom internationalen oder europäischen Markt abhebt, wenn also die Fütterung, die Haltung, der Transport und vieles mehr um nichts besser sind als etwa in Polen oder Spanien, dann kann man auch nicht von „Güte“ sprechen. Wenn dann auch noch mit irreführender Werbung gearbeitet wird, dann sind wir beim Greenwashing angelangt.

Dabei hat das AMA-Gütesiegel durchaus seine Berechtigung und letztlich für Konsument*innen seine Wichtigkeit. Nicht nur aufgrund des Umstands, dass es weithin bekannt ist, sondern auch, weil es etwa bei Hühnerfleisch oder Milch tatsächlich ein Garant dafür ist, dass besondere Güte in der Packung steckt. Beim Schweinefleisch aber verkommt das Siegel zur Farce und dagegen muss endlich was unternommen werden.

Worauf wartet die AMA noch?

Die AMA muss sich entscheiden: Will sie ihr „Gütesiegel“ behalten, dann wird sie im Schweinebereich nicht weniger als eine Totalreform anstreben müssen. Das bedeutet ganz konkret deutlich höhere Standards bei Zucht und Mast, als es das gesetzliche Minimum vorschreibt. Darunter sind unter anderem die verpflichtende Gentechnik-Freiheit in der Fütterung oder der Ausstieg aus dem Vollspaltenboden zu verstehen.

Es braucht aber auch mehr Kontrolle, mehr Transparenz und mehr Rückverfolgbarkeit in der gesamten Wertschöpfungskette. In einer Zeit, in der Technologien wie die DNA-basierte Rückverfolgbarkeit zur Verfügung stehen und in Ländern wie der Schweiz erfolgreich im Einsatz sind, ist es nur noch eine Frage des Wollens, ob man den Konsument*innen die größtmögliche Transparenz und Sicherheit gibt oder nicht. Worauf wartet die AMA?

Das höchste Gut ist die Glaubwürdigkeit

Wie viele Skandale braucht es jetzt eigentlich noch? Wie viele österreichische Bäuer*innen müssen noch entnervt das Handtuch werfen, weil sie zwar den AMA-Beitrag zahlen, aber trotzdem mittlerweile immer kritischer von der Gesellschaft betrachtet werden? Es gibt einen Grund, wieso immer mehr Produzenten und Händler auf das AMA-„Gütesiegel“ pfeifen und sich gleich eigene Programme zulegen. Das ist ein Problem.

Das AMA-Siegel ist in Bauernhand und das ist eigentlich eine gute Sache. Es sollten nicht die Konzerne aus Industrie oder Handel sein, die viel zu oft ihre Lieferanten einfach auspressen und dann gegen ausländische Betriebe austauschen, die mit selbstgebastelten Labels den Konsument*innen die heile Welt vorgaukeln. Wir wissen inzwischen, dass wir uns auf sie nicht verlassen können. Das ist also keine echte Alternative.

Totalreform oder zusperren

Wenn es aber die AMA nicht schafft ihr Siegel zu retten, dann brauchen wir eine staatliche Zertifizierung, die unabhängig kontrolliert und maximal transparent aufgebaut ist. Das höchste Gut im Bereich der Gütesiegel ist die Glaubwürdigkeit. Die ist inzwischen absolut nicht mehr gegeben, daran ändern auch mitunter stumpfsinnige Werbeeinschaltungen nichts mehr. Die AMA muss sich reformieren oder ihr Label-Programm zusperren.

Und das wäre tatsächlich ein gewaltiger Verlust für uns alle, vor allem aber für die heimischen Landwirte. Wir können also nur hoffen, dass die neue AMA-Führung und die wirklich mächtigen Menschen hinter ihr, die viel zu oft echte Reformen blockieren, endlich die Zeichen der Zeit erkannt haben und nun einen entsprechenden Prozess zur Rettung des AMA-Gütesiegels starten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.


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