Die Bauernproteste in Deutschland haben ihren Höhepunkt vor kurzem erreicht, in den Medien dominieren sie aber nach wie vor. Kommentatoren überschlagen sich in Einschätzungen darüber, wie gut oder schlecht es den Landwirten geht, wie legitim oder eben nicht daher auch ihr Protest sei. Unabhängig von diesen Einschätzungen ist es wichtig sich die nackten Zahlen anzusehen, die ein gutes Bild von der wirtschaftlichen Lage der deutschen Bäuerinnen und Bauern vermitteln.
Das „Handelsblatt“ hat sich den Fakten gewidmet und festgestellt, dass vor allem die bäuerlichen Großbetriebe im vergangenen Jahr einen fetten Gewinnzuwachs verbuchen konnten. Satte 57,3 Prozent Steigerung konnten sie einfahren und im Schnitt einen Gewinn von über 208.000 Euro lukrieren. Ein Ergebnis, von dem nicht nur viele kleine Unternehmen träumen, sondern das bei vielen Bürgerinnen und Bürger auch die Frage aufwirft, wieso angesichts solcher Zahlen solche Proteste aufkommen.
Wirtschaftliche und rechtliche Unsicherheiten als Hautproblem
Die Antwort liegt darin begründet, dass sich die Gewinne sehr ungleich verteilen und auch nicht linear seit Jahren verbucht werden können. Einerseits können kleinbäuerliche Betriebe, wie sie in Österreich vorherrschend sind, nur ein vergleichsweise kleines Plus von rund 15 Prozent verzeichnen. Andererseits stellt das Jahr 2023 eine Ausnahme dar, in Vorjahren waren die Gewinne deutlich geringer, gerade bei kleinbäuerlichen Betrieben stand auch oft ein Minus davor.
Hauptproblem für viele Landwirte ist aber die wirtschaftliche Unsicherheit, insbesondere angesichts stark schwankender Weltmärkte, massiv ansteigender Importe und rechtlicher Unsicherheiten. In Österreich erzürnt etwa aktuell die Debatte um ein zeitnahes Verbot der Vollspaltenböden die Bauernschaft. Nicht, weil die Bauern gegen mehr Tierwohl wären, sondern weil sie zum Teil erst vor kurzem große Investitionen getätigt haben, die sich erst refinanzieren müssen.
Verständlicher Unmut
Zudem wurden sie jahrelang von Institutionen wie der Landwirtschaftskammer darin bestärkt auf das System Vollspaltenböden umzustellen, um auf dem europäischen Markt „wettbewerbsfähiger“ zu werden. Nun aber werden sie von der Gesellschaft und Medien als „Tierquäler“ bezeichnet und sollen im Eiltempo ihre Ställe umstellen. Kein Wunder, dass das für großen Unmut sorgt. In den kommenden Jahren werden daher noch mehr Bauernhöfe für immer zusperren, so die Prognosen der Experten.
Wenn nicht Großbetriebe, sondern die in romantisierten Darstellungen, etwa von Handelskonzernen, oft gezeigten kleinbäuerlichen Familienbetriebe bestehen bleiben sollen, dann wird sich die Transparenz in Supermärkten und Gastronomie, die Förderpolitik und das Konsumverhalten ändern müssen. Aber am Ende gilt: Was nicht angeboten wird, das kann auch nicht gekauft werden. Heimische Erzeugnisse, die oft deutlich höheren Standards entsprechen, sollten daher bevorzugt werden.
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