„Die Fehde ums Fleisch“ lautete der Titel eines großen Beitrags in einer Ausgabe der „Lebensmittel Zeitung“ aus Deutschland. Darin wurde der Kampf Schirnhofer versus BILLA groß aufgegriffen, über den auch oekoreich berichtet hat und der in den letzten Monaten in Österreich für viel Aufsehen gesorgt hat. Doch was bringt die größte Branchenzeitung Deutschlands dazu diesen Fall aufzugreifen und eingehender zu recherchieren?
„Schirnhofer ist kein Einzelfall“ sagt oekoreich-Sprecher Sebastian Bohrn Mena zur Zeitung, „derlei Vorwürfe habe ich schon x-fach von Produzenten gehört“. Der grüne Europa-Abgeordnete und steirische Biobauer Thomas Waitz geht sogar noch einen Schritt weiter: „Im öffentlichen Streit des Fleischproduzenten Schirnhofer gegen den Handelskonzern REWE werden erneut systematische Unterdrückungspraktiken von Handelsgiganten sichtbar.“
Gefährdet das die Existenz der Produzenten?
Der Stein des Anstoßes ist die sogenannte „vertikale Integration“, die REWE zulasten von Schirnhofer vornehmen möchte. Vereinfacht gesagt: REWE möchte künftig direkt mit den Bäuerinnen und Bauern zusammenarbeiten, statt wie bisher mit Schirnhofer. Das würde dem Konzern wohl einige Millionen Euro sparen, aber Schirnhofer einen gewaltigen Teil seines Umsatzes kosten. Ob damit nicht seine Existenz gefährdet wäre?
Problematisch ist aber nicht nur die Ausschaltung eines mittelständischen heimischen Produzenten, sondern die Steigerung der Abhängigkeit von Landwirten gegenüber multinationalen Konzernen. Die Verhandlungsmacht von Bäuer*innen gegenüber den von Bohrn Mena als „Management-Satelliten aus Deutschland“ bezeichneten Konzernen könnte nicht ungleicher ausfallen. Keine wünschenswerte Konstellation.
Von „Erpressungsversuchen“ und brutalen Methoden
Berichte aus Frankreich zeigen, mit welchen Methoden dort Handelsgiganten arbeiten. Da wird offen von „Erpressungsversuchen“ gesprochen – Worte, die wir auch von Schirnhofer gegenüber der REWE gehört haben. Nicht nur die Verhandlungstaktik sei brutal, auch die Konditionen der Belieferung würden die extreme Dominanz der Konzerne unterstreichen. Von geheimen „Knebellisten“ ist die Rede, oekoreich hat berichtet.
Nur Schwarz-Weiß ist die Thematik dann aber doch nicht. Denn am Ende versucht REWE nur das zu etablieren, was SPAR in Österreich längst umgesetzt hat. Bohrn Mena und Waitz finden das hochproblematisch, illegal ist es aber definitiv nicht. Die Politik ist gefordert sich zu überlegen, wie das Ungleichgewicht abgemildert werden kann. Mit nachweislich falschen Parolen ala „Der Griff ins Regal entscheidet“ wird das definitiv nicht gelingen.
Die ganze Reportage der „Lebensmittel Zeitung“ kann in Ausgabe 5 vom 4. Februar 2022 nachgelesen werden.
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