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Offengelegt: Nur 4,5 Prozent „faires“ Fleisch im Supermarkt-Regal

Ein aktueller ORF-Bericht erweckt den Eindruck, dass viel "faires" Fleisch in den Regalen landet. Doch wie schaut die Realität wirklich aus? Wir haben bei HOFER nachgefragt und erstaunliche Antworten erhalten.

5/25/2021
  • Landwirtschaft
  • Ernährung
  • Österreich
Offengelegt: Nur 4,5 Prozent „faires“ Fleisch im Supermarkt-Regal

Am 19. Mai 2021 wurde in der beliebten ORF-Sendung "Konkret" ein umfangreicher Fernsehbeitrag gezeigt, in dem über Tierwohl in der Schweinefleischerzeugung berichtet wurde. Zum Gespräch gebeten hatte man unter anderem eine Sprecherin der deutschen Handelskette HOFER, den maßgeblich von diesem Konzern finanzierten Verein „Land schafft Leben“ und einen Bauern, der Fleisch für das Programm „FairHof“ erzeugt. Zu sehen gab es viele schöne Bilder, eine Reihe von netten Worten und jede Menge eindrückliche Botschaften.

Wird wenigstens auf das AMA-Gütesiegel gesetzt?


Doch am Ende blieb bei vielen Zuseher*innen die Frage offen, wie viel von diesem „fairen“ Fleisch sich nun tatsächlich im Supermarkt findet? Wir haben bei HOFER nachgefragt. Denn es ist gut und wichtig, wenn Lebensmittelkonzerne und Fleischproduzenten auf mehr Tierwohl, mehr Naturschutz und faire Preise für die Landwirte setzen – aber es sollte immer auch dazu gesagt werden, welchen konkreten Anteil das an der Gesamtproduktion hat. Damit die Relation in der öffentlichen Darstellung auch stimmt.
 
Das wollten wir von HOFER wissen
 
Wir von oekoreich haben also einmal mehr unseren Kontakt bei der Public-Relations-Agentur „Rosam Grünberger“ angeschrieben, die HOFER betreut und für ihn bei Medienanfragen antwortet. Wir wollten wissen: Wie groß ist jeweils der Anteil an konventionell erzeugten, an „FairHof“- sowie an Bio-Produkten am HOFER-Sortiment im Fleisch- und Wurstbereich? Wer genau sind die Lieferanten des „FairHof“-Programms? Und wie hoch ist eigentlich der Preisunterschied im Ein- und Verkauf je nach Erzeugungsart?

Man orientiert sich an den Richtlinien der "Gesellschaft Zukunft Tierwohl"


Nicht zuletzt wollten wir aber auch wissen, ob „FairHof“ durchgängig AMA-zertifiziert ist. Wir wollten also erfahren, aus welchen Quellen das „FairHof“-Programm seine Produkte bezieht und wie sich der erhöhte Verkaufspreis auf die Entlohnung der zuliefernden Landwirte auswirkt. Außerdem ist es gerade jetzt interessant für uns zu erfahren, wer in Österreich noch auf das AMA-Gütesiegel setzt, das gerade bei Schweinefleisch ja einigermaßen in Kritik geraten ist und dessen Reform vor kurzem angekündigt wurde.
 
Das hat uns HOFER antworten lassen
 
Uns wurde schnell und höflich geantwortet. Das dauerhafte HOFER-Sortiment umfasse derzeit rund 1.500 Artikel, so die PR-Agentur. Davon wären rund 10 Prozent Bio, das sei ein Spitzenwert im heimischen Lebensmittelhandel. Lieferant von „FairHof“ sei die Firma Hütthaler, so die Agentur, ein oberösterreichisches Unternehmen, das bei dieser Produktlinie seine Standards an den Richtlinien der „Gesellschaft!ZukunftTierwohl!“ orientiere, die ausgerechnet vom Verein gegen Tierfabriken mitbegründet wurde, der nach wie vor in ihrem Vorstand sitzt.

Wieso gibts im ORF eine derart breite Berichterstattung darüber?


Derzeit würden bei HOFER insgesamt 70 Produkte unter der Linie „FairHof“ angeboten werden, davon exakt 45 Artikel mit Schweinefleisch. Die angebotenen Lebensmittel wären zwar nicht AMA-zertifiziert, aber mit dem Programm „Check your Product“ abgesichert. Sie würden ausschließlich in Österreich erzeugt. Wieso man aber das Fleisch nicht von der AMA kontrollieren lasse, wenn es ohnehin in Österreich erzeugt wird, wurde uns nicht beantwortet. Das finden wir mehr als bedauerlich und auch nicht nachvollziehbar.
 
Resümee: Schöne Bilder, wenig faires Fleisch
 
Wir können also auf Basis dieser Nachfrage beim Handelskonzern festhalten, dass aktuell lediglich rund 4,5 Prozent „faires“ Fleisch im HOFER-Supermarktregal landet. Wir müssen den Angaben des Konzerns und seines Lieferanten Hütthaler vertrauen, aber einer unabhängigen AMA-Kontrolle unterziehen sie sich offenbar nicht - und es ist nicht klar, wieso sie das nicht machen. Das genannte Tierwohlprogramm „FairHof“ von HOFER ist aber zumindest gentechnikfrei und wohl auch aus österreichischer Produktion.
 
Was uns aber nach wie vor beschäftigt ist die Frage, wie ein derart minimaler Anteil an Tierwohl bei einem einzigen Handelskonzern eine so umfangreiche und zudem einseitige Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk rechtfertigt. Denn im Interesse der Ausgewogenheit sollte man bei diesen Berichten stets auch die Relation anführen, damit der Bildungsauftrag vollumfänglich erfüllt wird und nicht der Eindruck entsteht, dass es sich um eine Werbeeinschaltung der Firma HOFER handelt. Und es ist nicht das erste Mal, dass so ein Bericht im ORF-Magazin Konkret erscheint, wo manche den Eindruck haben, dass es sich um versteckte Werbung handle. Wir werden dem jedenfalls nachgehen.



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