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Exklusiv: So kämpft Ministerin Gewessler jetzt gegen Greenwashing & Zertifikatsschwindel

Eine Recherche hat kürzlich aufgedeckt, wie wir von Konzernen hinters Licht geführt werden. Umweltministerin Leonore Gewessler sagt dem nun den Kampf an.

3/23/2023
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Exklusiv: So kämpft Ministerin Gewessler jetzt gegen Greenwashing & Zertifikatsschwindel
BMK

Es war eine der größten journalistischen Investigativ-Recherchen im Umweltbereich der letzten Jahre und sie hat einen gigantischen Missstand aufgedeckt. Die Rede ist von wertlosen CO2-Zertifikaten, die an zahlreiche Konzerne in ganz Europa verkauft wurden und den Unternehmen einen „grünen“ Anstrich verpassten. Große Umweltverschmutzer konnten sich plötzlich als „klimaneutral“ oder gar „klimapositiv“ bezeichnen, obwohl ihre Produkte oder betrieblichen Prozesse genau das Gegenteil bewirken.

Möglich gemacht hat das ein dubioser Handel mit CO2-Zertifikaten, der auf Kompensationsprojekten im globalen Süden beruht. Das Prinzip dahinter läuft vereinfacht gesagt so: Ein Unternehmen in Österreich kauft Zertifikate bei einem privaten Anbieter, welche wiederum aus einem Klimaschutz-Projekt stammen. Auf diese Weise führt die Anschaffung von Kochtöpfen aus Ton in Uganda dazu, dass milliardenschwere Industriekonzerne bei uns sich als klimafreundlich präsentieren können.

Nicht mal groteskes Grundprinzip eingehalten

Das Grundprinzip ist schon grotesk genug, vielfach stand aber hinter den vermeintlichen Projekten nicht mal das, was vorgeblich versprochen wurde. Genau das hat die umfangreiche journalistische Recherche, die länderübergreifend durchgeführt wurde, nun dokumentiert. Wir haben Klimaministerin Leonore Gewessler um eine Stellungnahme zu diesem Missstand gebeten. Wir wollten wissen, ob hier eine staatliche Regulierung oder Zertifizierung geplant ist, um für glaubwürdigere Kompensationsprojekte zu sorgen.

Dazu Klima- und Umweltministerin Leonore Gewessler: „Der Missbrauch von CO2-Zertifikaten, die vermeintlich gut fürs Klima sind, muss ehestmöglich beendet werden. Es braucht EU-weit einheitliche Mindestkriterien und hochqualitative CO2-Zertifikate. Das kann allerdings nur über die Europäische Union geregelt werden. Aktuell gibt es leider eine unüberschaubare Vielfalt an Zertifizierungssystemen, die Zertifikate unter anderem an Unternehmen verkaufen mit dem Ziel, betriebliche „Klimaneutralität“ darzustellen“.

Neue Initiative der Europäischen Union

Das Problem ist aber nicht nur, dass es derzeit einen Wildwuchs an Anbietern und Systemen gibt, die sich auf unterschiedliche Standards berufen. So wird etwa die UNO auch als Referenzrahmen angeführt, was bei manchen Zertifikaten den Eindruck besonderer Glaubwürdigkeit hinterlässt. Die journalistischen Recherchen haben aber aufgezeigt, dass auch in diesen Fällen nicht immer Verlass auf die vom Zertifikatsanbieter veröffentlichten Angaben zu den vermeintlichen Kompensationsprojekten gegeben ist.

Dazu die Ministerin: „In vielen Fällen zeigt sich, dass grundlegende Kriterien nicht eingehalten werden, und so entweder kein zusätzlicher Klimabenefit eintritt oder dieser deutlich geringer ist als ursprünglich angenommen. Aus diesem Grund hat die Europäische Union eine Initiative gestartet, ein einheitliches Zertifizierungssystem für CO2-Abbaumaßnahmen zu schaffen und Ende November 2022 ein entsprechender Verordnungsentwurf vorgelegt, der aktuell weiter ausgearbeitet wird.“

nullBMK
Was draufsteht, soll auch drinstecken
Greenwashing bei Lebensmitteln einen Riegel vorschieben

Doch es kommt nicht nur im Klimabereich zu Greenwashing im großen Stil, auch bei Lebensmitteln und anderen Produkten agieren viele Unternehmen aktuell im Graubereich. Nahezu täglich liest man von irgendwelchen Produkten, die nicht halten, was sie versprechen. Der Kampf gegen Greenwashing gehört bereits seit längerem zu den Prioritäten der Klima- und Umweltministerin, entsprechend stark setzt sie sich auch auf EU-Ebene ein. Wir wollten von ihr wissen, was da nun genau geplant ist. Dazu Gewessler:

Für Verbraucherinnen und Verbraucher muss jedenfalls besser erkennbar sein, ob ein klimafreundlich vermarktetes Produkt tatsächlich gut für unser Klima und unsere Umwelt ist, oder eben nicht. Wir begrüßen daher jede Initiative, die gegen Greenwashing vorgeht und werden uns aktiv in den Verhandlungen auf europäischer Ebene einbringen, wo die EU-Kommission aktuell einen Gesetzesvorschlag erarbeitet.“

Verhindern, dass Greenwashing zu uns importiert wird

Dass die EU-Ebene hier am Zug ist, macht auch insofern Sinn, da in Österreich vielfach importierte Produkte gehandelt werden, die ebenso umfasst sein müssen wie jene, die bei uns erzeugt wurden. Deswegen ist es von großer Bedeutung, dass die Europäische Union einheitliche Richtlinien erlässt, die sicherstellen, dass in jedem Mitgliedsland die gleichen Bedingungen gelten und Greenwashing so nicht einfach in andere Mitgliedsländer exportiert werden kann. Für die Umsetzung in nationales Recht bedeutet das, so Leonore Gewessler:

„Ein nationales Gesetz wird dann insofern umgesetzt, da nach Inkrafttreten der EU-Richtlinie auch ein nationales Gesetz zur Umsetzung zu erlassen ist. Mit der „Green Claims Directive“ soll dann Greenwashing bekämpft und geregelt werden, wann ein Produkt oder eine Dienstleistung als „nachhaltig“, „grün“, „CO2-neutral“ oder ähnlich bezeichnet werden darf. Weiter ist geplant, Anforderungen an Umwelt- und Nachhaltigkeitsgütesiegel festzulegen, um die Verbreitung intransparenter Siegel und Zeichen zu verhindern.“
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Gemeinsam im Kampf gegen Greenwashing bei Lebensmitteln: Ministerin Leonore Gewessler und Minister Norbert Totschnig
Weitere Aktivitäten: Betrug in der Gastronomie bekämpfen

Neben den von Bundesministerin Leonore Gewessler angeführten Aktivitäten sind derzeit noch weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Irreführung und Greenwashing in Umsetzung oder Vorbereitung befindlich. Erst kürzlich wurde von den Ministerin Norbert Totschnig (Landwirtschaft) und Johannes Rauch (Konsumentenschutz) eine neue Regelung vorgestellt, die verhindern soll, dass in der Gastronomie mit österreichischer Herkunft von Lebensmitteln geworben wird, dann aber die Importware am Teller landet.

Auch in der öffentlichen Beschaffung, also dort, wo etwa in Krankenhäusern, Kindergärten oder Schulen mit Steuergeld eingekauft wird, sind ebenfalls bereits strengere Richtlinien eingeführt worden. Diese zielen insbesondere darauf ab, dass nicht länger günstigere Importware unerkannt aufgetischt werden kann, wie das etwa bei einem Krankenhausbetreiber in Niederösterreich der Fall war, wo das tiefgefrorene Huhn aus Taiwan serviert wurde. Ein weiter Weg ist noch zu gehen, erste Schritte wurden gesetzt.


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