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Der Plan, Vorreiter zu werden: „Wir wollen kein Tierleid mehr importieren!“

Die XXXLutz-Restaurants stellen ihre Speisekarte auf Regionalität & Tierwohl um - auch zum Wohl der heimischen Landwirtschaft. Die war nun kürzlich zu Besuch.

5/20/2022
  • Landwirtschaft
  • Österreich
  • Ernährung
Der Plan, Vorreiter zu werden: „Wir wollen kein Tierleid mehr importieren!“

Die Meldung, wonach das österreichische Möbelhaus XXXLutz seine Gastronomie auf Regionalität & Tierwohl umstellt, sorgte für großes Interesse im ganzen Land. Nicht nur Konsument*innen, sondern auch Bäuerinnen und Bauern horchten auf. Gerade jener Lutz, der über Jahre mit Giga-Portionen zu Billigstpreisen geworben hatte? Das sorgte nicht nur für Begeisterung, sondern bei manchen auch für viel Skepsis. „Zu schön, um wahr zu sein“, meinten da manche. Könne man der frohen Botschaft also wirklich trauen?

Durchaus verständliche Fragen, immerhin ist man aus der Werbung des Lebensmittel-Handels und auch aus den Speisekarten von Restaurants gewohnt, dass mit vielen schönen Bildern für vermeintliche Regionalität oder Tierwohl geworben wird, dann aber oftmals was anderes im Regal oder auf den Tellern landet. Umso wichtiger ist es daher kritisch zu hinterfragen und der Sache auf den Grund zu gehen. Am besten kann man das immer noch in der persönlichen Begegnung, in einem Dialog auf Augenhöhe.

Ein Stammtisch der besonderen Art

Und so entschloss sich der für die Umstellung verantwortliche Gastrochef von XXXLutz, Andreas Haderer, kurzerhand eine bäuerliche Abordnung ins Wiener Restaurant auf der Mariahilfer Straße einzuladen. Denn Medienberichte sind das eine, aber ein direkter Einblick in die Struktur, in die Philosophie und vor allem in die Küche, sind ganz was anderes. Was folgte war eine Zusammenkunft, wie man sie wohl nicht so oft erlebt. Mehr als ein Dutzend Bäuerinnen und Bauern trafen sich zu einem Stammtisch der besonderen Art.

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Eine Delegation von Schweinebäuer*innen aus ganz Österreich kam zum Stammtisch in das XXXLutz-Restaurant in der Wiener Mariahilfer Straße
Aus der Steiermark, aus Oberösterreich und aus Niederösterreich waren sie angereist, um sich an diesem Austausch zu beteiligen. Denn wie oft passiert das schon, dass sich ein Gastronom den Fragen von Landwirten stellt und ihnen vollen Einblick gibt? Noch dazu einer, der Millionen von Menschen jedes Jahr verköstigt? Diese Gelegenheit wollten sich die Schweine haltenden Bäuer*innen nicht nehmen lassen. Was folgte waren nicht nur drei Stunden sprudelnde Unterhaltung, sondern auch ein wechselseitiges voneinander lernen.

Konfrontation mit bäuerlicher Realität verändert

oekoreich war mit dabei, als zu Beginn der Gastgeber und gelernte Koch Andreas Haderer seine Gäste in die Welt der Lutz-Gastronomie einführte. Über 160 Filialen der XXXLutz-Restaurants in 9 Ländern gibt es mittlerweile. Setzte man dort früher auf möglichst niedrige Preise, will man jetzt mit Qualität punkten. „Die Konfrontation mit der bäuerlichen Realität hat mir meine Verantwortung vor Augen geführt“, gab Haderer tiefe Einblicke in die Geschichte seines persönlichen Wandels, die den Grundstein darstellte.

Er, der einst selbst in der Hauben-Gastronomie groß geworden ist, musste sich jahrelang nicht nur von oekoreich, sondern auch von Landwirten dafür kritisieren lassen, dass XXXLutz die Schnitzel von Irgendwo zu Billigstpreisen anbieten würde. Der Besuch von Bauernhöfen und das Gespräch mit österreichischen Landwirten hätten bei ihm dann zu einem Bewusstseinswandel geführt, so Haderer. Seither habe er versucht seinen eigenen Wirkungsbereich zu beeinflussen, also vor allem die Speisekarte der vielen Lutz-Restaurants.
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Wissen, was man aufgetischt bekommt: XXXLutz will Vorreiter in der Gastronomie sein
Ziel: Kein Tierleid mehr importieren

Dabei verfolgt er zwei Ansätze: Einerseits so viel regionales Tierwohl wie möglich, andererseits so wenig Importware wie nötig. Beim Schweinefleisch, mit über 80 Prozent am stärksten unter der Fleischgerichten auf der Speisekarte vertreten, habe man bereits die 100 Prozent Österreich geschafft. Keine einfache Sache, doch mit der nötigen Beharrlichkeit durchaus machbar. Und mit der Partnerschaft mit dem oberösterreichischen Betrieb Hütthaler, der die Tierwohl-Produkte liefert, ein klares Zeichen in die Zukunft gesetzt. 

Doch damit gibt sich Haderer noch nicht zufrieden, wie er den anwesenden Bäuer*innen erklärte: „Wir wollen Vorreiter in der Gastronomie werden und zeigen, dass es auch bei so einer Betriebsgröße noch möglich ist auf regionale Ware zu setzen, die noch dazu tierfreundlich und umweltschonend erzeugt wurde. Unser Ziel ist es kein Tierleid mehr zu importieren, sondern im Gegenteil das Tierwohl in alle Filialen zu exportieren. Mit entsprechender Unterstützung durch unsere Kunden ist das auch machbar.“
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Stroh, Platz, Licht und Luft: Die Tierwohl-Offensive wird sehr gut angenommen
Nur durch Partnerschaft: Bauernhof konnte behalten werden

Ein Statement, das für heftiges Nicken unter den Anwesenden sorgte. „Wenn es bestellt wird, können wir es auch liefern“ meinte einer der Schweinebauern und unterstrich: „Wir brauchen die Sicherheit, dass uns das hochwertige Fleisch auch abgenommen wird. Mehr Tierwohl bedeutet deutlich mehr Kosten, die können wir aber nicht alleine tragen. Wir brauchen auch starke Partner in der Gastronomie, die uns dauerhaft bei der Umstellung unterstützen und damit auch selbst Verantwortung übernehmen.

Wie weitreichend diese Auswirkungen sein können, schilderte eine der anwesenden Bäuerinnen aus Oberösterreich. „Mit dieser Partnerschaft haben wir die Chance bekommen unseren Hof zu behalten – anders wäre das gar nicht mehr möglich gewesen. Jetzt haben wir die Garantie, dass unsere Ware abgenommen wird und das zu einem Preis, mit dem wir nicht nur die Kosten decken, sondern auch anständig leben können. Das ist unbezahlbar. Wir wollen raus aus der Abhängigkeit und endlich faire Preise erhalten!

Faire Preise statt noch mehr Fördergeld

Die Abhängigkeit von öffentlichen Fördergeldern ist ein Thema, das unter Landwirten für große Emotionalisierung sorgt. Oder, wie es eine Bäuerin auf den Punkt bringt: „Ich will nicht eine EU-Sozialhilfe-Empfängerin sein, ich will einen fairen Lohn für meine Arbeit.“ Derzeit hängt die österreichische Landwirtschaft stark am Tropf der EU-Landwirtschaftsförderungen, über 2 Milliarden Euro fließen jährlich in die heimischen Betriebe. Auch ein Resultat dessen, dass Bäuer*innen oft nicht fair für ihre Produkte bezahlt werden.
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Die Bäuer*innen wünschen sich faire Preise, statt noch mehr Fördergelder
Dass bei den Bauern und Bäuerinnen ein Wille zum Wandel da ist, zeigen auch die Aussagen an diesem Stammtisch. „Wir Jungen wollen die Schweinehaltung verändern“, heißt es da etwa von einem Schweinebauern aus der Steiermark. Dazu müsse aber auch ein entsprechendes Angebot in Handel und Gastronomie bereitstehen – und die Kund*innen natürlich bereit sein mehr dafür zu bezahlen. Denn mehr Tierwohl und mehr Naturschutz kann es nicht zum Spottpreis geben, das müsse allen Beteiligten klar sein.

Eine ganze Branche weiterentwickeln

Tierwohl wird angenommen, wenn man es erklärt“ ist Andreas Haderer überzeugt. Das garantiert aus Österreich stammende Riesenschnitzel um 7,50 Euro oder auch das Tierwohl-Schnitzel um 9,50 Euro würden genauso gut angenommen, zieht Haderer nach ein paar Wochen ein erstes positives Resümee über die Umstellung. Und auch wenn es ab und an Angebote in Aktion geben würde, würde sich deswegen am Inhalt nichts ändern. „Wir setzen den Weg konsequent fort, weil wir davon überzeugt sind“ so Haderer.

Alle Gastronomiebetriebe sollten auf heimische Ware setzen und den Anteil an Tierwohl-Produkten steigern, wünschen sich die anwesenden Landwirte. Mit seiner Vorreiter-Rolle kann XXXLutz jetzt wohl dazu beitragen, dass die Branche insgesamt dazu animiert wird sich weiterzuentwickeln. Dass es auch beim Lutz mit den ersten Schritten noch nicht vorbei ist, stellt Haderer ebenfalls klar. „Wir haben einen Plan“ gab er den Bäuer*innen abschließend mit – man darf also wohl gespannt sein, was da noch alles kommt.



Die Entstehung dieses Beitrags wurde durch eine entgeltliche Zusammenarbeit ermöglicht. Die redaktionelle Unabhängigkeit wurde davon nicht berührt.


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