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Widerstand: Hier sollen Jahrhunderte alte Bäume für einen Parkplatz gefällt werden

Jahrhunderte hat es gedauert, bis der Wald in seiner vollen Pracht entstand. Jetzt soll er gefällt werden - für einen Hotelparkplatz. Doch es gibt Widerstand.

7/21/2022
  • Umwelt
  • Österreich
  • Artenvielfalt
Widerstand: Hier sollen Jahrhunderte alte Bäume für einen Parkplatz gefällt werden
Eine Oase in der Stadt - bald könnte sie verschwinden

Viele Jahrzehnte lang dauert es mitunter, bis ein Baum seine volle Pracht entfaltet und meterhoch über der Erde thront. Er ist dann nicht nur beliebter Schattenspender für uns Menschen, sondern auch für allerlei Tiere als Lebensraum von unschätzbarer Bedeutung. Und natürlich sorgt er dafür, dass Schadstoffe aus der Luft rausgefiltert und Sauerstoff produziert wird. Ein echtes Wunderwerk, so ein Baum. Ein Naturwunder, das jedoch in wenigen Minuten zerstört werden kann. Es reichen ein paar Hiebe mit der Axt oder die Bearbeitung mit der Motorsäge und vernichtet sind die Jahrzehnte des Wachstums.

In Zeiten von Klimakrise und Artensterben sollte man sich umso mehr ganz genau überlegen, wann man einen Baum fällt. Und immer mehr Menschen wehren sich dagegen, dass in Österreich im Rekordtempo die Natur zerstört und die Böden versiegelt werden. Denn jede betonierte Fläche ist nicht nur ein weiterer Hitzepol in den ohnehin schon unerträglich heißen Sommern, sondern verschlimmert auch die Situation bei Starkregen und Hochwasser. All das sind Faktoren die eigentlich dazu führen sollten, dass die Rodung von Wäldern, insbesondere im urbanen Bereich, zum absoluten Ausnahmefall erklärt wird.

6.000 Quadratmeter Wald für 227 PKW-Stellplätze

Und nur wenn es wirklich unvermeidbar ist, sollte ein Baum tatsächlich gefällt werden. Jetzt sollen jedoch gleich hunderte, teils sehr alte Bäume, mitten in Gmunden in Oberösterreich geschlägert werden. Geht es nach den Plänen eines Projektentwicklers, dann sollen die Bäume einem Parkplatz weichen. Autos statt Bäume, mitten in der Stadt, ganz nah am Wasser? Was nach dem puren Wahnsinn klingt und im Jahr 2022 unvorstellbar scheint, ist traurige Realität. Fast 6.000 Quadratmeter Wald sollen gerodet werden. Und die Stadtpolitik schaut scheinbar weg. Doch nicht alle wollen das hinnehmen und so regt sich nun Widerstand.

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Der Wald im Hintergrund soll geschlägert werden
Maßgeblich getragen wird dieser von einer Gruppe von engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus Gmunden, die nicht tatenlos zusehen wollen, wie eines der letzten verbliebenen Naturjuwelen in der Stadt vernichtet werden. Unter dem Motto „Wald statt Parkplatz“ haben sie sich organisiert und leisten erbitterten Widerstand gegen die Zerstörung des Auwalds auf der Toscanahalbinsel in Gmunden. Wir haben mit dem Vereinsobmann Werner Christian Binder gesprochen und ihn gefragt wie der aktuelle Stand ist, welche Hintergründe es zu dem Projekt gibt und wie man die Initiative unterstützen kann.

oekoreich: Wie ist die Initiative entstanden, wer macht mit?

Die Initiative zum Schutz des Waldes beim Toskanapark in Gmunden am Traunsee ist im Frühjahr 2021 entstanden. Ich war gerade mit einer Freundin im Toskanapark spazieren als wir auf eine Frau trafen, die dort Unterschriften gesammelt hat. Dabei wurde ich zum ersten Mal in Kenntnis gesetzt, dass in dem Bereich zwischen bestehendem Toskanaparkplatz, Wartgraben, Zufahrt zum Toskana Kongresszentrum und Johann-Orth-Allee Parkplätze für das geplante Hotelprojekt Landschloss Ort entstehen sollen.

Es stellte sich dann heraus, dass es sich um 227 Stellplätze auf einer Fläche von ca. 5.800m² Waldfläche handeln sollte. Auf Zetteln Unterschriften zu sammeln, würde da wohl nicht reichen. Daher wurde eine Online-Petition gestartet, die insgesamt 2.899 Unterstützungserklärungen, 645 davon alleine aus der Stadt Gmunden, erzielte. Im Juli 2021 fanden sich dann 4 Menschen, die den Verein waldstattparkplatz gründeten, Obmann Werner C. Binder, 1. Stellvertreterin Jutta Jackstadt, 2. Stellvertreter und Kassier Matthias Lechner und Schriftführerin Irina Thalhammer.

oekoreich: Wie ist der aktuelle Stand, konnte die Rodung verhindert werden?

Das Grundstück wurde in den 1970 Jahren, gemeinsam mit der Fläche des seit damals bestehenden Toskanaparkplatzes, von Grünland in Bauland bzw. Verkehrsfläche umgewidmet. Dies war jedoch bis zum Bekanntwerden des Parkplatzprojektes nur wenigen bekannt. Viele Menschen in Gmunden gingen davon aus, dass es sich dort um eine Grünfläche handeln würde. Anfang Sommer 2021 gab es je eine Bauverhandlung zur Errichtung des Hotelprojekts Landschloss Ort und zur Errichtung des Hotelparkplatzes.

Ein Bescheid der Landesregierung sah vor, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung für das gesamte Hotelprojekt inklusive Parkplatz notwendig wäre. Hier wurde von Seiten des Vereins und anderen unterstützenden Personen eine Beschwerde gegen den Bescheid der Landesregierung beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Diese hatte eine aufschiebende Wirkung gegenüber Bautätigkeiten.

Ein negatives Urteil der Verwaltungsgerichtshof akzeptierten wir nicht und brachte eine Revision beim Verfassungsgerichtshof ein, der jedoch nicht stattgegeben wurde. Da die weiteren Kosten zu hoch gewesen wären, und wir die ganzen rechtlichen Schritte nur über Spenden von Privatpersonen an unseren Verein finanzieren konnten, immerhin erhielten wir bis dato ca. 12.400 Euro, und mehr nicht möglich gewesen wäre. Die restlichen Spenden wurden für eine Infokampagne an die Gmundner Bevölkerung mittels Postwurfsendung an alle Haushalte verwendet.

Bis jetzt konnte die Rodung verhindert werden. Jedoch wird von Seiten des Bürgermeisters immer wieder betont, dass es zu einer Rodung kommen würde, wenn keine passende, natürlich für den Investor möglichst kostengünstigste Alternative gefunden werden könne. Das Hotelprojekt muss unbedingt umgesetzt werden, da führt kein Weg daran vorbei, laut Bürgermeister, auch auf Kosten des Waldes und der Umwelt.

oekoreich: Wer sind die (politischen) Befürworter der Rodung?

Verwaltet wird die Fläche von der Bundesimmobiliengesellschaft, Baubehörde erster Instanz ist der Bürgermeister von Gmunden, Stefan Krapf. Beide wurden von unserer Seite kontaktiert, jedoch fühlte sich keine wirklich zuständig und verwies uns nur jeweils auf die andere Stelle.

oekoreich: Wie viele Menschen wären von der Rodung betroffen?

Als Nahrerholungsgebiet und große Waldfläche in nächster Umgebung zum Gmundner Stadtzentrum ist jeder betroffen der dort wohnt. Noch mehr sind auch die Menschen betroffen, die regelmäßig dort beim Wartgraben spazieren gehen, würde doch durch die Rodung der Spaziergang entlang dieser kleinen Wasserbrücke, die Strandbadbucht und Ortherbucht miteinanderverbindet nicht mehr nur im Grünen sein, sondern den Blick auf den neu errichteten Parkplatz bieten. Wir haben auch schon viele Rückmeldung von Touristen bekommen, dass sie es dort sehr idyllisch finden und es verrückt sei dort einen Parkplatz zu errichten.

Zudem befindet sich die gesamte Toskanahalbinsel, wo die Waldfläche dazu gehört, in eine vom Land als HQ30, das bedeutet eine Zone in der ein Hochwasserereignis, dass in einer unendlich langen Zeitreihe alle 30 Jahre einmal auftritt. Bereits jetzt sieht man bei starkem Regen, dass im Bereich des bestehenden Toskanaparkplatzes oft das Wasser steht und nicht schnell genug vom Boden aufgenommen werden kann. Die Errichtung des Parkplatzes würde diese Situation mit Sicherheit noch verschärfen und so fürchten Anrainer auf der anderen Straßenseite, dass sie dann Opfer von Überschwemmungen werden könnten.

oekoreich: Ist dieser Fall prototypisch für Verbauung & Versiegelung in Österreich?

Ich glaube, dass es sich sehr wohl um eine typische Verbauung & Versiegelung in Österreich handelt. Möglichst billig wird auf horizontaler Ebene ein Parkplatz in einem Waldgebiet errichtet anstatt Alternativen auf dem bestehenden Parkplatzareal wie ein Parkdeck oder eine Tiefgarage zu errichten. Das kostet leider mehr und ist somit für einen Investor uninteressant. Die Stadtpolitik beugt sich dessen aus Angst einen Investor zu verlieren und gibt somit wichtige Umweltressourcen her, die für immer verschwinden werden.

oekoreich: Wie können sich Menschen außerhalb von Gmunden beteiligen?

Wir geben auf unserer Seite https://waldstattparkplatz.com/ und unserer Facebookseite https://www.facebook.com/waldstattparkplatzgmunden über die aktuellen Entwicklungen Bescheid. Dort werden auch geplante Aktionen und Spendenaufrufe bekannt gegeben. Aktuell haben wir einen Spendenaufruf gestartet, um erneut eine Informationskampagne mittels Flugblattes zu finanzieren, das mitsamt eines Inserates, in einer Lokalzeitung ausgesendet werden wird. Darin wird auch auf die Sendung am ORF „Am Schauplatz“, die am 21. Juli, ausgestrahlt wird, verwiesen. Bei der Reportage wurde unser Verein interviewt und wir möchten damit Österreichweit auf unser Thema aufmerksam machen.


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