Der Konsum von Fleisch wandelt sich gerade dramatisch. Nicht nur innerhalb der verschiedenen Fleischarten kommt es zu großen Veränderungen, etwa wird deutlich weniger Schweinefleisch und dafür mehr Geflügel gegessen. Sondern es wächst auch die Gruppe der vegetarisch und vegan lebenden Menschen kontinuierlich. Und nochmal weitaus schneller nimmt die Zahl jener Menschen ab, die täglich Fleisch konsumieren.
Auch die Art und Weise wie Menschen ihre Lebensmittel beschaffen, ist, angeheizt durch Corona, stark im Wandel befindlich. Der Onlinehandel hat an Bedeutung gewonnen, immer mehr Konsument*innen interessieren sich aber auch für die Herkunft ihrer Speisen und die Entstehungsgeschichte. Das Wohl der Tiere, die Bewahrung der Natur und der Schutz des Klimas sind mittlerweile fixe Größen bei der Auswahl von Lebensmitteln.
Über den eigenen Teller die Welt mitgestalten
Dahinter steckt auch der verständliche Wunsch, über den eigenen Teller einen positiven Beitrag zur Entwicklung der Welt zu leisten. Immerhin häufen sich die Berichte über das Voranschreiten des massenhaften Artensterbens und die Zuspitzung der Klimakrise. Doch bewussten Konsum kann es nur geben, wenn alle Informationen zugänglich sind. Dazu braucht es weitaus mehr Transparenz, als es derzeit die gelebte Praxis ist.
Abgesehen von der weit verbreiteten gezielten Täuschung oder Irreführung, erfahren die meisten Konsument*innen in der Regel weder im Supermarkt noch in der Gastronomie woher die Lebensmittel tatsächlich stammen und wie sie erzeugt wurden. So können sie sich aber auch nicht für regionale, tier- und klimafreundlich erzeugte Nahrung entscheiden. Nach wie vor sind wir in weiten Teilen auf Freiwilligkeit angewiesen und die funktioniert nicht.
Ein Gedankenexperiment
Nun hat „kugelzwei“, die neue Digitalmarke des Westdeutschen Rundfunks, ein interessantes Gedankenexperiment gewagt. Wie müsste die Metzgerei der Zukunft aussehen, damit Tierwohl, Naturschutz und kleinbäuerliche Strukturen gestärkt werden? Damit Konsument*innen tatsächlich ihre „Macht“ an der Kassa ausleben und über ihren Teller einen positiven Beitrag leisten können?
In der „kugelzwei“-Vision gibt es in diesen neuen Fachgeschäften nur Fleisch aus Tierwohl-Haltung. Das bedeutet in Deutschland wohl das Ende von Stufe 1 & 2, aber auch in Österreich die Überwindung von Vollspaltenböden und Co. In Wahrheit müsste wohl Bio als allgemeiner Standard eingeführt werden, wenn tatsächlich von „Tierwohl“ die Rede sein soll. Ein ambitionierter Anspruch, aber es ist ja eine Vision.
Letzter Punkt in der „kugelzwei“-Vorschau auf die Metzgerei der Zukunft ist die grundsätzliche Frage, wann überhaupt geschlachtet wird. Denn erst wenn die nötige Nachfrage da ist, sollte das Tier getötet werden. Das setzt aber auch voraus, dass es eine bestimmte Abnahme-Garantie gegenüber den Landwirten gibt, denn je nach Tierart dauert es Wochen bis Monate, bis Schwein oder Geflügel ihre Schlachtreife erreicht haben.
Um diese Vision zur Realität werden zu lassen, braucht es nicht nur mündige Konsument*innen und willige Bäuer*innen – davon sind bereits genügend vorhanden. Wichtig ist auch, dass die Politik sich entsprechend für einen Systemwandel einsetzt. Erst wenn das massenhaft in der Landwirtschaft eingesetzte Steuergeld dafür verwendet wird, dass Tierwohl, Naturschutz und kleinbäuerliche Strukturen gefördert werden, kann es zum echten und nachhaltigen Wandel kommen.
Das Gedankenexperiment von „kugelzwei“ ist gar nicht so absurd, wie es auf den ersten Blick scheint. Zum einen werden Teile davon bereits heute gelebt, zum anderen gibt es aus der Geschichte genügend Erfahrungen damit. Man müsste letztlich nur die guten Dinge von Früher mit den technologischen Möglichkeiten von heute kombinieren. Und das Ganze mit genügend Förderungen anschieben, damit es die Zeit der Umstellung auch überlebt. Sollte doch möglich sein, oder?
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