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Scharfe Kritik an „Verlogenheit der Klimabewegung“ vor Weltklimakonferenz

Die nächste Klimakonferenz scheint schon vor ihrem Beginn zur Farce zu verkommen.

10/23/2022
  • Umwelt
  • Klima
  • International
Scharfe Kritik an „Verlogenheit der Klimabewegung“ vor Weltklimakonferenz

Seit Jahren wird darauf hingewiesen, dass der US-amerikanische Getränkeriese Coca-Cola zu den größten Umweltsündern der Welt zählt. Einerseits steht der Konzern wegen des Abpumpens von Trinkwasser in ohnehin schon trockenen Gebieten in der Kritik, auch in Europa, andererseits wegen der Unmengen an Plastikmüll, die er verursacht.

Dass ausgerechnet dieser milliardenschwere Konzern jetzt zu den Sponsoren der nächsten Klimakonferenz wird, das sorgt für Aufregung. Es sei „Greenwashing in Reinform“, so die Kritik von Expert*innen laut Medienberichten. Die Klimakonferenz in Ägypten, die in rund einem Monat stattfindet, wird dadurch schon im Vorfeld zur Farce. Drei Millionen Tonnen Plastikmüll verantwortet Coca-Cola jährlich, der Konzern führt aber an, dass er bemüht sei auf wiederverwendbare Materialien umzustellen.

Proteste sollen unterdrückt werden

Ende September, keine sechs Wochen vor Beginn der UNO-Klimakonferenz in Ägypten, tauchten Sicherheitskräfte vor dem Zuhause von Abd al-Salam auf und nahmen ihn fest. Der 55 Jahre alte Ingenieur, so berichtet es die Organisation Egyptian Front for Human Rights, soll einer Facebook-Gruppe beigetreten sein. Name: "Unser Recht". Ziel: Aufruf zu Demonstrationen während der bevorstehenden Klimakonferenz COP27.

Der Mann wurde demnach zu seiner Aktivität in der Gruppe befragt und kam vorerst in Haft. Proteste gehören eigentlich so fest zu den UNO-Klimakonferenzen wie Streiks zu Tarifverhandlungen. Aber mit Ägypten ist dieses Jahr ein Gastgeber an der Reihe, der Demonstrationen faktisch verbietet. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in dem nordafrikanischen Land ist extrem eingeschränkt und Abweichler, so schildern es Menschenrechtler immer wieder, würden mit aller Härte verfolgt. Umwelt- und Klimaschutzorganisationen berichten, bei ihrer Arbeit teils eingeschüchtert und schikaniert zu werden.

Eigene Protestzonen

Auch bei der COP27, die am 6. November im Badeort Sharm el-Sheikh beginnt, sollen Proteste erlaubt sein, sagt Außenminister Sameh Shoukry im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur - zumindest in einer speziell dafür eingerichteten Zone. "Wir wollen unbedingt, dass die Zivilgesellschaft anwesend ist und dieselben Rechte und Privilegien erhält wie bei jeder anderen COP. Wir wollen für sie ein empfängliches und angenehmes Umfeld schaffen", sagt Shoukry, der die Konferenz als COP-Präsident leiten wird.

Aber Sharm el-Sheikh, das vor allem aus Hotelanlagen, Stränden und Flaniermeilen besteht, liegt weit ab der Ballungsräume. Wären auch Proteste etwa in der Küstenstadt Alexandria möglich? Oder im Großraum Kairo mit seinen 23 Millionen Einwohnern, wo Proteste zuvor
mitunter blutig niedergeschlagen wurden? "Ich wüsste nicht, warum Teilnehmer der COP zum Beispiel in Assuan (im Süden) demonstrieren sollten", sagt Shoukry. Wer nicht in Sharm el-Sheikh demonstrieren wolle, wo die Botschaft der Klimaaktivisten in diesen Tagen schließlich hingehöre, "sollte vielleicht besser in Deutschland demonstrieren".

Greenwashing-Event

Rückblende zum Klimagipfel in Glasgow vor einem Jahr: Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt verstärkten den Druck auf die Klima-Verhandler deutlich. Angeführt von der berühmten Schwedin Greta Thunberg zogen Zehntausende durch die Straßen der schottischen Stadt und forderten mehr Tempo im Kampf gegen die Erderhitzung. Thunberg wetterte, die COP26 sei "ein Greenwashing-Festival des globalen Nordens, eine zweiwöchige Feier des Business as usual und des Blablabla!". Parallel fanden in anderen britischen und internationalen Städten Proteste mit Tausenden Teilnehmern statt.

Doch nicht nur am großen Demo-Tag war die Handschrift der Klimabewegung in Glasgow deutlich erkennbar. So fand unter dem Namen "People's Summit" in der Stadt eine Art Gegengipfel statt, während einige Aktivisten in aufwendigen Kostümen durch die Innenstadt zogen oder einen überdimensionalen Kuh-Ballon aufsteigen ließen, um auf die klimaschädlichen Emissionen der konventionellen Landwirtschaft aufmerksam zu machen. Auch innerhalb der Konferenzhallen kam es immer wieder zu koordinierten Protestaktionen.

Handys werden kontrolliert

Ob sich auf Ägyptens Straßen überhaupt etwas regen wird, sei "schwer zu sagen", meint Amr Magdi, Nahost-Experte bei Human Rights Watch. Aufrufe zu Protesten gibt es vereinzelt, bei Twitter geht der Hashtag einer "Klima-Revolution" um, geplant am 11. November. Für den Tag darauf gibt es zudem Aufrufe zu einem weltweiten Klima-Aktionstag. In Kairo prüfen Zivilbeamte dieser Tage die Handys junger Leute auf kritische Inhalte - ein Hinweis darauf, dass Sicherheitsbehörden mögliche Protestaktionen im Keim ersticken wollen.

Sharm el-Sheikh drohe zu einer Art "Nonprofit-Streichelzoo" zu werden, schreibt die renommierte Linksintellektuelle und Aktivistin Naomi Klein. Dort könnten "internationale Aktivisten und Geldgeber zwei Wochen über die Nord-Süd-Ungerechtigkeit schreien und vor den Kameras im Kreis laufen". Warum? Um Ägypten "als das zu zeigen, was es ausdrücklich nicht ist: eine freie und demokratische Gesellschaft".

Weil Klimaschutz und Menschenrechte eng miteinander verflochten sind, könnte die COP in Ägypten zu neuen Brüchen führen. "Ehrlich gesagt habe ich die Verlogenheit der Klimabewegung satt", erklärte Sanaa Seif, Schwester des wohl bekanntesten Demokratieaktivisten Alaa Abdel Fattah. Er ist seit bald zehn Jahren fast durchgehend in Haft und seit über 200 Tagen im Hungerstreik. "Die meisten entscheiden sich dafür, die Lage der Menschenrechte zu ignorieren", schreibt Seif.

(oekoreich/APA)


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