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„Mister Anti-Tiertransport“ zeigt auf, woher das Fleisch in Österreich wirklich stammt

Der österreichische EU-Abgeordnete Thomas Waitz gewährt seltene Einblicke in ein System, das auf Tierleid basiert - und wieso Reformen blockiert werden.

10/17/2023
  • Tiere
  • Österreich
  • International
„Mister Anti-Tiertransport“ zeigt auf, woher das Fleisch in Österreich wirklich stammt

Wenn es um Tierschutz geht, dann ist vieles, was in Österreich passiert, von der EU-Gesetzgebung abhängig. Wenn es dort also zu Blockaden kommt, dann verzögern sich auch Fortschritte auf nationaler Ebene.  Über aktuelle Entwicklungen sprach vor kurzem der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz mit Sebastian Bohrn Mena bei oe24. Der steirische Biobauer gilt inzwischen durch seine jahrelange politische Arbeit als „Mister Anti-Tiertransport“ und wird in ganz Europa dafür geschätzt.

In dem längeren Fernseh-Interview gewährt er spannende Einblicke, die man sonst so nicht bekommt – und er berichtet von dem jüngsten Versagen der EU-Kommission, wenn es um den Schutz von Tieren geht: „Entgegen der Ankündigungen und Versprechungen der EU-Kommissarin Stella Kyriakides, mussten wir jetzt nach dem Sommer feststellen, dass die bereits fix fertig vorbereiteten Tierschutzgesetze nicht vorgelegt werden“ so der EU-Abgeordnete Thomas Waitz.

Wichtige Reformen wurden gestoppt

Dabei handle es sich um wichtige Materien wie etwa das Tierwohl bei der Schlachtung und am Bauernhof, es gehe aber auch um die Kennzeichnung der Produktionsbedingungen, Stichwort Transparenz für Konsumenten. Nicht zuletzt die Reform des Tiertransportgesetzes wäre angestanden und wurde nun wieder auf die lange Bank geschoben. Und das, obwohl hier seit Jahren bekannt ist, dass es dramatische Missstände gibt.

Zahllose Bürger*innen-Anfragen habe es zum Thema Tiertransporte gegeben, ein eigener Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments habe sich damit zwei Jahre lang befasst. Der österreichische Abgeordnete Thomas Waitz war in diesem selbst tätig und hat vor Ort, etwa in Spanien, dokumentiert, unter welch grausamen Bedingungen die Tiere transportiert werden. Das betrifft auch heimische Kälber, wie er berichtet:

Kälber aus unserer Milchproduktion in Österreich werden auf LKW verladen, meistens nach Spanien gebracht, um dort gemästet zu werden, für den Markt in Nordafrika und im Nahen Osten. Natürlich werden sie als Schlachttiere exportiert“ so Waitz. Und das, obwohl wir unseren Kalbfleisch-Bedarf in Österreich selbst decken könnten. „Stattdessen wird billiges Kalbfleisch aus den Niederlanden importiert, das wiederum zu großen Teilen von Kälbern stammt, die von Irland in die Niederlande mit dem Schiff transportiert werden“ erklärt Waitz.

Manche Bereiche derzeit gar nicht umfasst

Von Anfang sei klar gewesen, dass das EU-Gesetz zu Tiertransporten lückenhaft und teilweise nicht vollziehbar ist. Eine Mehrheit der Abgeordneten habe deswegen auf Reformen gedrängt, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Zahlreiche Verfehlungen wurden im U-Ausschuss aufgedeckt, auch Bereiche identifiziert, die bislang überhaupt nicht umfasst sind – etwa der Transport von Hunden & Katzen oder Transporte auf Schiffen.

Das dramatische ist: In dem Moment, wo dieses Tier über die Rampe auf das Schiff geht, ist auf dem Schiff ein schwarzes Loch der Gesetzesfreiheit. Dort gibt es keinen Tierarzt, der die Tiere betreuen kann, es gibt dort keine Regelungen zur Maximaltransportzeit, so ein Schiff kann Tage, Wochen oder auch Monate auf dem Mittelmeer unterwegs sein“ so Thomas Waitz. Entsprechende Fälle habe es in den letzten Jahren mehrmals gegeben.

Selbst wenn sie wollen würden, die Amtstierärzte oder Polizisten hätten keine Möglichkeit das zu verhindern: „Für viele Behördenvertreter ist es unmöglich gegen Verfehlungen vorzugehen, weil das Gesetz in seinen Formulierungen unklar ist. Man bringt damit Zoll- oder Polizei-Organe in eine Situation, dass sie nicht ausreichend Rechtssicherheit haben, um einen Tiertransport zu stoppen – weil sie sonst Schadenersatzklagen zu befürchten haben.“

Schiffe aus EU-Ländern dürfen nicht in andere EU-Häfen einlaufen

Speditionen, etwa aus Frankreich, hätten sich bereits von sich aus an die EU-Abgeordneten gewandt mit der Bitte, endlich für klare Rechtsrahmen für alle Marktteilnehmer zu sorgen. Gegenwärtig hätten diejenigen, die sich an die Intention des Gesetzes halten, einen Wettbewerbsnachteil gegenüber jenen, die Lücken ausnutzen und Tiere misshandeln. Letztere würden bei den Transporten mit einer Mortalität von 5 Prozent rechnen.

Das heißt, dass der Tod der Tiere auf den Straßen bereits eingepreist werde. Es gebe insbesondere bei Schiffstransporten eine ganze Reihe von systematischen Verfehlungen und Lücken, so der EU-Abgeordnete Thomas Waitz. Er berichtet von Schiffen aus Rumänien, die etwa in irischen Häfen nicht einlaufen dürften – weil sie unter Bedingungen transportieren, die gegen nationale Bestimmungen verstoßen, nicht aber gegen europäisches Recht.

Das gesamte, sehr informative Interview kann ab sofort hier abgerufen werden.


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