Wenn die Sonne hinter den Hügeln verschwindet und der Wald stiller wird, erwacht ein Baumeister, den kaum jemand je zu Gesicht bekommt: der Dachs. Die ARTE-Dokumentation „Dachse – Unsere unbekannten Nachbarn“ zeigt eindrucksvoll, wie wenig wir über diesen scheuen, meist nachtaktiven Waldbewohner wissen – und wie erstaunlich komplex sein Leben tatsächlich ist.
Architekten unter der Erde
Filmemacher Roland Gockel und Rosie Koch gelingt ein seltenes Kunststück: Sie dringen mit Spezialkameras tief in das Tunnelsystem eines Dachses vor. Was sie dort zeigen, erinnert an unterirdische Städte.
Die „Burgen“ der Dachse bestehen aus verzweigten Gängen, Wohnkammern, Belüftungsschächten und sogar Toilettenbereichen – sorgfältig angelegt, oft über Generationen genutzt und instandgehalten. Manche Bauten sind über hundert Jahre alt. Diese Bauten sind nicht nur Unterschlupf für Dachse, sondern oft auch für Füchse, Waschbären oder Kaninchen – ein Beispiel für erstaunliche Koexistenz im Tierreich.
Familienleben im Verborgenen
Die Dokumentation zeigt eine Dachs-Familie durch alle Jahreszeiten. Besonders faszinierend: Dachse leben in sozialen Gruppen, oft als Paare mit ihren Jungtieren, manchmal in größeren Clans. Sie kommunizieren mit Lauten, Duftmarken und Körperkontakt – Verhaltensweisen, die lange unterschätzt wurden.
Im Frühjahr wagen sich die Jungtiere erstmals aus dem Bau. Die Kamera begleitet sie bei ihren tapsigen Erkundungstouren – neugierig, verspielt, aber stets wachsam.
Zwischen Wald, Feld und Autobahn
Mit der Ausbreitung menschlicher Infrastruktur geraten Dachse immer häufiger in Konflikt mit uns: Straßen zerschneiden ihre Reviere, landwirtschaftliche Flächen schmälern ihr Nahrungsangebot. Gleichzeitig finden sie in Vororten und Stadtparks neue Lebensräume – als „Stadtdachse“, die sich an Mülltonnen und Komposthaufen bedienen.
Die Dokumentation zeigt, wie überraschend anpassungsfähig diese Tiere sind – aber auch, wie gefährlich Straßenverkehr und intensive Landwirtschaft ihnen zusetzen. Allein in Deutschland werden jährlich mehrere zehntausend Dachse überfahren.
Ein Portrait voller Respekt und Staunen
„Dachse – Unsere unbekannten Nachbarn“ ist keine reine Naturdokumentation, sondern ein Plädoyer für Achtsamkeit. Die ruhige Kameraführung, Nahaufnahmen bei Nacht und die sorgfältig recherchierte Erzählung schaffen eine Nähe, die man selten zu einem so scheuen Tier empfindet.
Was bleibt, ist Bewunderung: für die Geduld der Filmemacher – und für die Intelligenz und soziale Komplexität eines Tieres, das wir viel zu lange übersehen haben.
Hier kann man die Doku jetzt ansehen.
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