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Erst 15 Tage alte Tiere: 200 Kälber leidend in einem Sattelschlepper

Eine aktuelle Kontrolle bei Tiertransporten zeichnet ein erschreckendes Bild. Exklusiv bei oekoreich gibt Experte Alexander Rabitsch jetzt Einblick.

12/1/2021
  • Landwirtschaft
  • Deutschland
  • Österreich
  • Tiere
Erst 15 Tage alte Tiere: 200 Kälber leidend in einem Sattelschlepper

Es war eine der Aufreger-Geschichten der letzten Tage: Ein Kärntner Unternehmer wollte illegal Wildschweine von Niedersachen in Deutschland nach Österreich verfrachten und wurde dabei von der Polizei in Deutschland erwischt. Mit dabei war just der erfahrene Tiertransport-Experte und Veterinärmediziner Dr. Alexander Rabitsch, der gegenwärtig, wie schon in der Vergangenheit, die Polizei und Veterinärbehörden in Deutschland in diesen Fragen schult.

Die wilde Geschichte vom illegalen Wildschwein-Transport fand ihren Weg in die Medien, doch was dort nicht ankam, waren die anderen Ergebnisse der Straßenkontrollen von Dr. Rabitsch. Und die haben es in sich. Denn bei den an einem Tag durchgeführten 22 Kontrollen wurden zahlreiche Missstände festgestellt, die nicht symptomatischer für das fehlerhafte System der Tiertransporte in der Europäischen Union sein könnten.

14 Tage alte Kälber werden auf Reisen geschickt

Darunter war etwa auch ein Transport mit über 200 Kälbern, die sich eingepfercht auf 3 Etagen eines gigantischen Sattelschleppers befanden: „Die Kälber waren erst 15 Tage alt, als wir den Transport in Deutschland gestoppt haben. Mit 14 Tagen haben sie den Ursprungsort in Lettland verlassen, das ist ein Alter, in dem kein Tier transportiert werden sollte“ so Experte Rabitsch. Mit ein Grund dafür ist die sogenannte „immunologische Lücke“.

Damit wird die Zeit beschrieben wird, in der das Immunsystem der Tiere besonders anfällig ist und Kälber daher am besten nicht transportiert werden sollten. Vor der absolvierten fünften Lebenswoche sollten die Jungtiere nicht transportiert werden, sonst kann es – das zeigen die Untersuchungen von Dr. Rabitsch – zu vielen Todesfällen während oder vor allem nach den Transporten kommen. Das ist auch bei Inlandstransporten in Österreich der Fall.

Die Kälber hatten bereits 19 Stunden Transport und 24 Stunden Pause in Polen hinter sich und befanden sich auf einem zweiten wiederum 19-stündigen Transport. Hochproblematisch ist auch, dass ihre Tränkung während der Fahrt nicht funktioniert: „Die Tränkanlagen in den Transportern passen nicht. Die Tiere wollen saugen, hier wird ihnen aber das Wasser ins Maul gespritzt. Das verweigern sie reflexartig die Flüssigkeitsaufnahme und dadurch kommt es zur Dehydrierung“, so Rabitsch.

Doppelt überladene Transporter mit Ziegenkitzen

Auch ein weiterer Fall, der bei der Straßen-Kontrolle mit der Polizei dokumentiert wurde, zeigt das Problem der Tiertransporte in der EU auf. 150 Ziegenkitze im Alter von rund 4 Wochen wurden in einem Pferdeanhänger transportiert, damit wurden doppelt so viele Tiere transportiert als auf dieser Fläche zulässig. Der Stückpreis für ein Kitz beträgt rund 3 Euro, somit rechnet sich der Transport nur, wenn die Tiere zusammengepfercht werden.

Wo das Fleisch keinen Preis hat, hat das Tier keinen Wert“ sagt Alexander Rabitsch und spannt damit den Bogen zum Lebensmittelhandel. Ständige Aktionen und Kampfrabatte würden zu einer Entwertung von Lebensmitteln führen, die in einer veränderten Erwartungshaltung der Konsumenten resultiert. Statt das Bewusstsein für die Werthaftigkeit zu stärken, würde Fleisch als Lockmittel eingesetzt und damit systemisch Druck aufgebaut.

Eine Negativspirale, deren wahren Preis am Ende vor allem die Tiere zu tragen haben. Kälber genauso wie Schweine, die massenhaft grenzüberschreitend transportiert und dann dort im Eiltempo gemästet werden, wo das Futter und die Produktion am billigsten sind. Wie in Holland, wo die Kälber aus Lettland mit Palmöl-haltigem Milchaustauscher gemästet werden. Ihr Fleisch landet dann – meist unerkannt, weil undeklariert – auch in Österreich am Teller.


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