Pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten liegen im Trend, sind jedoch meist sehr teuer. Viele Konsumenten greifen aus gesundheitlichen Gründen oder dem Tier- und Umweltschutz zuliebe trotzdem tief in die Geldbörse. Doch was steckt wirklich in den Fleischersatz-Produkten und sind sie auch gesünder? Nicht unbedingt, wie Ernährungsexperten warnen.
Die Anzahl der vegetarisch oder vegan lebenden Menschen in Österreich nimmt stetig zu. Im Jahr 2017 lag der Anteil der Vegetarier und Veganer noch bei ca. 6 Prozent, Anfang 2021 gaben rund 11 Prozent der Befragten an, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren. Neben Vegetariern und Veganern spielen auch „Flexitarier“ – jene, die nur manchmal zu Fleisch greifen – eine immer gewichtigere Rolle. Einer Umfrage im Auftrag des Handelsverbandes Österreich von 2021 zufolge bezeichnen sich 30 Prozent der Befragten als „Flexitarier“. In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild. Laut FORSA hat sich dort der Anteil der Vegetarier binnen nur eines Jahres sogar verdoppelt, von 5 auf rund 10 Prozent im Jahr 2021. Der Anteil der Veganer stieg von 1 auf etwa 2 Prozent. Jeder zweite Deutsche bezeichnet sich ihrer Studie zufolge als „Flexitarier“.
Umwelt- und tierfreundliche Fleischersatzprodukte boomen
Die Lebensmittelindustrie reagiert auf diesen wachsenden Markt an Vegetariern und Veganern. Die Supermarkt-Regale füllen sich mit Nuggets, Wurst und Burgern – ganz ohne Fleisch. Versprochen wird dabei: Es schmeckt wie Fleisch, sieht aus wie Fleisch, ist aber rein pflanzlich. In Verbindung mit dem Wunsch der Konsumenten von mehr Umwelt- und Tierschutz, scheinen die Verkaufsargumente von Fleischersatzprodukten unschlagbar.
Denn pflanzliche Ersatzprodukte verbrauchen durchschnittlich nur 51 Prozent der Energie und verursachen nur 36 Prozent der CO2 Emissionen, benötigen dafür aber lediglich 33 Prozent des Wassers und 30 Prozent der Landfläche im Vergleich zu Fleischvarianten. Kurz: Fleischersatzprodukte sind besser für die Umwelt. Aber sind sie auch gesünder als Fleischprodukte? Ist es eine nachhaltige Trendwende der Lebensmittelindustrie im Sinne von Umwelt- und Tierschutz oder geht es doch nur um den Profit einiger Konzerne?
Viele Produkte enthalten versteckte tierische Zutaten
Viele Produkte im Supermarkt-Regal sind nur scheinbar vegetarisch oder vegan und Konsumenten würden im ersten Moment nicht vermuten, dass tierisches Leid darin steckt. Lebensmittel wie Gummibärchen, Joghurt, Frischkäsezubereitungen, fettreduzierte Milchprodukte oder zuckerreduzierten Müsliriegel enthalten zumeist Gelatine. Dieses tierische Produkt entsteht durch das Auskochen von Häuten, Knochen und Bindegewebe wie Sehnen, Knorpeln und Bändern von Schweinen, Kühen oder Fischen in Wasser. Sogar bei der Herstellung von Getränken wie beispielweise Wein wird Gelatine eingesetzt und dient hier dem Entfernen von Trübstoffen.
Und so mancher Verbraucher ist wahrscheinlich auch überrascht, dass nicht jeder Käse im Kühlfach vegetarisch ist, denn das Milchprodukt enthält oft sogenanntes tierisches Lab. Dieses kommt in der Magenschleimhaut junger Kälber und anderer Wiederkäuer vor und wird für die Käseproduktion daraus extrahiert. Es lässt Milch eindicken, ohne dass sie sauer wird und verhilft den meisten Käseprodukten zu ihrer Konsistenz. Für Konsumenten ist es allerdings schwierig zu erkennen, ob tierisches Lab im Lebensmittel steckt, da es meist nicht deklariert wird. Wer sicher sein möchte, achtet bei Produkten auf das europaweit gültige grüne V-Label, das auch zwischen den Kategorien „vegetarisch“ und „vegan“ unterscheidet.
Ersatzprodukte im Vergleich doppelt so teuer
Verbraucher, die aus Umwelt-, Tierschutz oder anderen Gründen auf tierische Produkte verzichten, lassen sich dies einiges kosten, denn pflanzliche Ersatzprodukte sind meist sehr viel teurer. Eine Studie des WWF Deutschland zeigte 2021, vegetarische und vegane Ersatzprodukte sind im Vergleich oft doppelt (!) so teuer wie Fleischalternativen. Innerhalb von 3 Jahren soll sich der Preis weltweit sogar verzehnfachen, so die Prognosen.
Denn die Lebensmittelindustrie hat den Ernährungstrend hin zum Vegetarismus und Veganismus für sich als extrem profitablen Absatzmarkt erkannt. Da es sich bei der Zielgruppe für diese Produkte meist um Konsumenten mit mehr Einkommen handelt, riechen Lebensmittelproduzenten hier das große Geld. Dass die Mehrkosten dem Marketing geschuldet sind, wird wohl kaum eines der Unternehmen offenlegen. Stattdessen wird argumentiert, dass die Produktionsprozesse beim Fleischersatzprodukten „sehr aufwendig und kostentreibend“ sind. Dabei ist das, wir haben das am Beispiel der Haferdrinks von „Oatly“ gezeigt, nachweislich nicht der Fall.
Ernährungsmediziner warnen: Zu viele Zusatzstoffe
Groß im Fleischersatz-Geschäft ist beispielweise der US-amerikanische Nahrungsmittelproduzent „Beyond Meat“. Mit seinem „Beyond-Burger“ hat er auf dem Teller vieler ernährungsbewusster Konsumenten voll in Schwarze getroffen und ist im Sortiment fast aller großen Supermarktketten zu finden (z.B. gesehen bei Billa Plus 226 Gramm Tasse um 4,99 Euro). Ernährungsmediziner kritisieren allerdings, dass es sich bei diesem auf Erbsenproteinisolaten basierenden Burger um ein „Sammelsurium an Künstlichkeit“ handelt, inklusive vieler Geschmacksverstärker, hohem Salzgehalt und raffiniertem Kokosöl, das bei übermäßigem Genuss den Cholesterinspiegel in die Höhe treiben und dadurch dem Herz und den Gefäßen schaden kann.
Mit welchen Tricks die Lebensmittelindustrie Fleisch kopiert und Veggie-Burger kreiert, zeigt übrigens eindrucksvoll der deutsche Produktentwickler Sebastian Lege in der ZDF-Reihe „Die Tricks der Lebensmittelindustrie“. Doch warum ist dieses Sammelsurium an Künstlichkeit bei vielen Fleischersatzprodukten überhaupt notwendig?
Es geht dabei vor allem um die Textur und den Geschmack der Produkte. Denn der Gaumen von Verbrauchern ist Fleisch seit Jahrhunderten als Lebensmittel gewöhnt und verlangt nach etwas Vergleichbarem, um tatsächlich zuzugreifen. Die Lebensmittelindustrie weiß, es sind viele Zusatzstoffe notwendig, damit der Geschmack und die Textur, also wie sich das Fleisch im Mund anfühlt, stimmen. Veganes Faschiertes enthält daher oft Sojagranulat, Methylcellulose, um die Flüssigkeit zu binden, Sojaproteinisolat, gefrorenes Kokosfett mit Methylcellulose) sowie den Geschmacksverstärker Glutamat. Methylcellulose ist zwar ein zugelassener Zusatzstoff, jedoch geben Ernährungsmediziner zu bedenken, dass man nicht weiß, was passiert, wenn dieser über 20 Jahre lang regelmäßig konsumiert wird. Tierversuche haben gezeigt, dass er die Darmschleimhaut schädigen und zu Autoimmunerkrankungen sowie chronische Entzündungen führen kann.
Klar ist: auch wenn Fleischersatzprodukte rein pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten, sind sie –hochverarbeitet – nicht mehr gesünder als natürliche Lebensmittel, also auch Fleisch. Konsumenten sollten beim Griff zu Fleischersatzprodukten besonders auf die Zusammensetzung achten. Von Lebensmitteln mit sehr viel Salz, Zusatzstoffen und Aromen sollte man die Finger lassen und sich vor Augen halten, dass es sich dabei um ausgeklügelte, hochverarbeitete Industrieprodukte handelt.
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