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Reportage

Gequält in Deutschland, verpackt in Holland, verkauft in Österreich

Bauern haben uns bereits erklärt, wie desaströs sich die Billig-Importe auf sie auswirken. Nun zeigen wir am Beispiel der Eierdatenbank, wie die Herkunft selbst überprüft werden kann. Plus: Wie es zum Import von Billig-Eiern kommen konnte.

7/19/2021
  • Österreich
  • Ernährung
  • Landwirtschaft
Gequält in Deutschland, verpackt in Holland, verkauft in Österreich
Die grausame Käfighaltung ist in Deutschland noch erlaubt

Der Besuch einer Filiale von Penny an der Grenze zwischen Wien und Niederösterreich soll der Berichterstatterin darüber Klarheit verschaffen, ob in einer Region, in der Urbanität und Landleben nebeneinander existieren, anders eingekauft wird. Spielt es für Großstadtmenschen, die in ihren Zweitwohnsitzen die Wochenenden und Sommermonate verbringen und neben jenen leben, die unsere Nahrung produzieren, eine Rolle, woher sie ihre Nahrung beziehen? Macht es überhaupt Sinn, dass ein Lebensmitteldiskonter wie Penny Markt die Billig-Eier aus dem Ausland importiert? Werden diese von den Konsumenten angenommen?

Der Blick auf die Abteilung, in der bei Penny die Eier angeboten werden, lässt aufmerken. Auf einem Stapel prangen die Billig-Produkte aus dem Ausland. Die ansprechende Verpackung, ein Eierkarton, den ein weißes Huhn ziert, suggeriert, dass die Eier, zumindest was so manche Umweltfragen betrifft, bedenkenlos zu konsumieren wären.

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Das Corpus Delicti: Die Import-Eier vom Penny Markt
Trügerische Logos

Zwei Logos wollen das beweisen. Das aber ist purste Täuschung! Das eine Logo, eine grüne Raute mit der Aufschrift „ohne Gentechnik“ und einer weißen Pflanze, stammt vom deutschen Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG). Das klingt gut und schön und das wäre es auch, wenn tatsächlich erfüllt würde, was der Name verheißt. Wer auf der betreffenden Seite im Internet weiterklickt, wird erfahren, dass diese Etikettierung Gentechnik keineswegs ganz ausschließt.

Die Supermarktkette selbst bestimmt also, welche ihrer angebotenen Waren Umweltschutzstandards entsprechen.


Legehennen und anders landwirtschaftlich eingesetztes Geflügel dürfen noch sechs Wochen vor der gewerblichen Nutzung jener Eier, die das „Ohne Gentechnik“-Logo tragen, gentechnisch verändertes Futter zu sich nehmen. Zudem sind Futtermittel zugelassen, die mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen unter kontrollierten Bedingungen im geschlossenen System hergestellt wurden. Außerdem dürfen 9 Gramm gentechnisch veränderte Pflanzen pro Kilo im Futter enthalten sein. Wer da noch von Gentechnikfrei sprechen kann? Übrigens, die Registrierungsnummer dieser Eier war in der deutschen Gentechnik-frei-Datenbank nicht zu finden.

Das andere Logo ist ein abgerundetes blaues Dreieck und ist mit der vielversprechenden Aufschrift „Pro Planet“ versehen. Die Autorin dieser Zeilen hatte dieses Label nicht gekannt. Doch Google gibt Auskunft. „Pro Planet“ ist eine von keiner anderen Gruppe als von Penny selbst entworfene Kategorisierung von Produkten. Die Supermarktkette selbst bestimmt also, welche ihrer angebotenen Waren Umweltschutzstandards entsprechen.

Manche mögen da Vergleiche zu ähnlichen Etikettierungen in Österreichs Supermärkten ziehen, doch abgesehen davon, dass vieles dabei zu hinterfragen ist, erübrigt sich das in Bezug auf diese Eier. Denn da gibt es nichts, was für den Planeten spricht, schon gar nicht, wenn sie in Supermarkt-Regalen in Österreich stehen. Nicht genug damit, dass Bodenhaltung in Deutschland bei den Massen von Hühnern, die auf einem Hof gehalten werden, gar nicht umweltfreundlich und schon gar nicht tierfreundlich sein kann, kommen bei diesen Eiern im niederösterreichischen Penny-Markt auch noch tausende Kilometer an Transportwegen hinzu.

Noch etwas: Das Logo auf den Billig-Eierkartons wurde von Penny in Deutschland längst erneuert. Das Dreieck ist durch ein blau-grünes Symbol, das für unsere Erde steht, ersetzt. Was erfährt man nun auf dem Karton von Columbus? Gerda Wiesböck, Leiterin der österreichischen Eierdatenbank, schafft Aufklärung: „Laut Warenrückverfolgbarkeit handelt es sich um den Legebetrieb Hennengold Eifarm in 49377 Vechta, südwestlich von Bremen. Als Packstelle ist die Inter-Ovo GmbH in den Niederlanden angeführt, die die Eier nach Österreich vermarktet.
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Quer durch Europa für ein paar Cents mehr Profit?
Billig-Eier: Verpackt in Holland, verkauft in Österreich

Tausende Kilometer sind diese Eier also auf Europas Autobahnen unterwegs, gelegt in Deutschland, verpackt in Holland, angeboten in Österreich. Und das in Zeiten des Klimawandels! Gerda Wiesböck hat jedoch eine plausible Erklärung, wie sich ein Diskonter zu diesem Angebot hinreißen ließ: „Nachdem im Vorjahr die Marktführerschaft im Lebensmitteleinzelhandel SPAR übernommen hat, ist davon auszugehen, dass der zweitplatzierte Marktteilnehmer (REWE, Anm.) über den Preis in den Markt radikaler vorstoßen wird. Penny könnte argumentieren, dass man die Bodenhaltungseier aus Österreich mit dem AMA-Gütesiegel nicht um diesen entsprechend niedrigen Einkaufspreis bekommt“, setzt Wiesböck fort und erklärt die Zielgruppe dieses Diskonters.

Menschen, die auf Preise schauen müssen. „Die Frage ist natürlich, ob es für viele Konsumenten tatsächlich einen Unterschied macht, ob für 10 Bodenhaltungseier 1,29 Euro oder 1,59 oder 1,79 Euro zu bezahlen sind. Penny will seine Kunden anders ansprechen als zum Beispiel Verbraucher- oder Supermärkte“, sagt Wiesböck und gibt zu bedenken: „Schlussendlich stellt sich die Frage, wie viel beim Legehennen-Betrieb ankommt, wenn ein Ei um nicht einmal 13 Cent an den Endkonsumenten vermarktet wird. Noch dazu ist zu berücksichtigen, dass bei österreichischen Eiern die Transportwege naturgemäß die kürzesten sind, und damit darf man nicht übersehen, wie weit das Ei bis in die jeweilige Filiale gereist ist.“

30 Vermarkter-Packstellen gäbe es in Österreich, so Wiesböck. Manche verfügen auch über eine eigene Färberei und erzeugen Ostereier, manche Jausen-Eier. Vor einigen Jahren wurden so polnische Eier gekauft, um am slowenischen Markt als Ostereier wieder verkauft zu werden. „Dies war jedoch nicht in der Saison 2021 der Fall, da wir ausreichend Ware zur Verfügung hatten, auch für den ausländischen Markt“, so Wiesböck. Denn, wie wir berichteten, hatten heimische Eierbauern durch den pandemiebedingten Ausfall der Gastronomie erhebliche Verluste zu verbuchen.

Wie unnötig der Import ist, kann Wiesböck als Leiterin der österreichischen Eiderdatenbank, erklären: „Wir haben in Österreich ausreichend Ware zur Verfügung, unter anderem in den Sommermonaten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Penny nach jahrelangem Commitment mit den österreichischen Legehennen-Haltern und Packstellen einen anderen Weg einschlagen will. Zudem ist davon auszugehen, dass auch ein preissensibler Kunde auf österreichische Eier setzt.“

Werden diese Eier nun tatsächlich gekauft? Wer es eilig hat und nur rasch seinen Bedarf abdecken will, wird möglicherweise schon aufgrund der Anordnung der Eier zu den Importprodukten greifen, die sich auf einer Palette nahezu zum Mitnehmen anbieten. Dagegen sind nur wenige Kartons österreichischer Eier im Regal zu finden. Jene aus der Freilandhaltung sind für Menschen die knapp unter 1,60 Meter messen überhaupt nur schwer zu erreichen. Eine Verkäuferin ließ auf Nachfrage wissen: „Wie viele Eier wir verkauft haben, kann ich ihnen nicht sagen, aber gekauft wurden sie“.

Was sagt Ministerin Köstinger?

Franz Kirchweger, Obmann der EZG Frischei, nannte den Import deutscher Eier einen „Schlag ins Gesicht der Bauern“. Das Landwirtschaftsministerium ließ die Fragen der Berichterstatterin bis Freitag unbeantwortet. Diese waren, respektive sind: „Wie sieht es das Ministerium, dass ein Supermarkt Eier aus dem Ausland importiert? Was wird von Seiten des Ministeriums unternommen, dass ein Import von Billig-Eiern nicht mehr geschieht? Wie kann man die heimische Geflügelwirtschaft besser unterstützen? Wie ist der Letztstand zum Verbot des Vergasens von Küken?“

Nach einer Woche traf folgende Antwort in Form eines Statements von Ministerin Elisabeth Köstinger ein: „Es ist das erste Mal seit fast 10 Jahren, dass importierte Billigeier in den Regalen liegen. Das ist ein Sündenfall des Handels, den ich zutiefst ablehne. Österreich hat sehr hohe Produktionsstandards bei Eiern, sowohl bei den Haltungsbedingungen als auch bei der Fütterung. Seit Beginn 2020 ist die Übergangsfrist für die ausgestaltete Käfighaltung in Österreich ausgelaufen, da sind wir Vorreiter in ganz Europa. Die herkömmliche Käfighaltung gibt es bei uns seit 2008 nicht mehr. In Österreich werden darüber hinaus seit 2012 ALLE Legehennen GVO-frei gefüttert, Eier aus Österreich sind damit zu 100 % GVO frei, auch das ist etwas, wo wir bei Import-Eiern nie sicher sein können. Es liegt am Handel, das Bekenntnis zu heimischer Produktion nicht aufzugeben. Dieses Bekenntnis ist wichtig und wird vom Konsumenten auch so gewünscht. Wir brauchen keine Billig-Importe von Eiern, die unter weit niedrigeren Standards produziert wurden.“
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Viele Eier landen in verarbeiteten Produkten
Was verwenden Österreichs Bäcker?

Dass wir nicht nachgeben, bis die letzte Frage beantwortet ist, nämlich das Verbot, Küken zu vergasen, versteht sich von selbst. Doch zurück zu den Import-Eiern. Bei SPAR versichert man, dass man nur österreichische Eier anbieten werde. Die Antworten auf die aktuelle Nachfrage, welche Eier bei Großverbrauchern wie Österreichs Bäckern eingekauft werden, ließ aufhorchen.

Die Firma Mann antwortete umgehend und konkret: Aktuell werden die Eier der Firma Geflügelhof Großleiten / Fa. Falzberger bezogen. „Diese sind zu 80 Prozent herkunftsgesicherte Eier aus österreichischer Bodenhaltung und zu 20 Prozent herkunftsgesicherte Eier aus der EU- Landwirtschaft. Freilandeier werden vor allem in unseren Aufstrichen für die Snacks verwendet. Zudem werden wir auch regelmäßig AgroVet- zertifiziert, was die Herkunft unserer Eier transparent belegt und rückverfolgbar macht“, lässt die Pressesprecherin des Hauses wissen.

Von Anker erfährt man: „Für die Herstellung unserer Backwaren werden ausschließlich Eier und Eiprodukte aus Bodenhaltung verwendet. Das überwiegend eingesetzte „Vollei pasteurisiert“ stammt aus Österreich. Trockeneiprodukte stammen aus der EU.“
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Am Länderkürzel und der Nummer erkennt man die Herkunft
Woher kommt mein Ei?

Wenn Sie nicht sicher sind, woher Ihr Frühstücksei stammt, oder von woher Ihr Hotelier seine Frühstückseier bezieht, können Sie das in den meisten Fällen ganz einfach nachprüfen. Auf www.eierdatenbank.at. Diese Datenbank ist als Verein organisiert. 95 Prozent aller Legebetriebe in Österreich sind darin erfasst. Die Registrierung erfolgt auf freiwilliger Basis.

Daher kann die Herkunft von fast jedem Ei durch den Stempel ermittelt werden, erklärt Wiesböck, Leiterin der Eierdatenbank, und stellt abschließend fest: „Die österreichischen Packstellen und die Österreichischen Legebetriebe stehen für Qualitätsproduktion, Tierwohl und für das sogenannte Österreich-Paket.“ Am besten man überzeugt sich selbst.



Die Entstehung dieses Beitrags wurde durch eine entgeltliche Zusammenarbeit ermöglicht. Die redaktionelle Unabhängigkeit wurde davon nicht berührt.


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